60 Jahre Phantombild
Eine Phantombildzeichnerin und ihr Beruf

Johanna Schwair ist Grafikdesignerin und Phantombildzeichnerin beim Bayerischen Landeskriminalamt. Seit mehreren Jahren erstellt sie nicht nur Layouts für Plakate, Flyer und ähnliches bei der Polizei, sondern ist vor allem Phantombildzeichnerin, die damit aktiv hilft, Verbrechen aufzuklären.
Mit der Polizei hatte sie vorher nichts zu tun
Die gelernte Grafikdesignerin habe sich einfach auf eine Stellenanzeige des Landeskriminalamts beworben. Die Anforderung sei nicht nur der geübte Umgang mit diversen Bildbearbeitungsprogrammen gewesen, sondern ein gewisses Einfühlungsvermögen im Umgang mit Menschen. Johanna Schwair fühlte sich angesprochen, bewarb sich und bekam letztendlich den Job.Vetrauen als Basis
Wenn ein Zeuge oder Opfer zu ihr kommt, versucht sie zunächst eine gute Atmosphäre zu schaffen: „Ich versuche eine Beziehung aufzubauen […], eine Atmosphäre von Sicherheit zu schaffen, so dass auch die Erinnerung in angenehmer Gesellschaft irgendwie zurückkommen kann. So dass das, was der Zeuge gesehen hat, nachgebaut werden kann und er zufrieden ist am Schluss.“"Ich bin der der verlängerte Arm des Zeugen"
Dabei ist ihre Rolle gewissermaßen passiv: „Ich muss mich da komplett raushalten, weil ich nichts dazu sagen kann. Ich kann nur das machen, was mir gesagt wird. Und frage dann immer nach: ist es so richtig und haben Sie das so gesehen? In dieser Zusammenarbeit entsteht dann das Bild.“Das Phantombild entsteht am PC
Gezeichnet wird heute nicht mehr mit dem Bleistift, sondern digital am Computer. Dazu stehen Johanna Schwair und den Zeugen mehrere 100 Vorlagen zur Verfügung. Augenpaare, Nasen, Augenbrauen, Münder, Haare, Kleidung, selbst Falten und Hautfarben können dargestellt werden. Einzelne Merkmale, wie beispielsweise eine Warze, kann sie nachträglich noch erstellen oder verändern – solange, bis der Zeuge sagt, dass das Bild dem entspricht, was er gesehen hat.Ein Phantombild ist nicht lebensecht
Dabei geht es aber nicht darum, ein Foto zu erstellen. Die Phantombilder sind bewusst eine Zeichnung, bei dem besondere Merkmale hervorstechen, eine Typisierung, und immer schwarz-weiß „um diese Typisierung stärker zu unterstreichen, damit beim Betrachter Raum für Fantasie ist.“Wie lange das dauert – eine Stunde oder drei Stunden – hängt vom Erinnerungsvermögen des Zeugen ab. Aber oft, sagt Johanna Schwair, merken sich Menschen in Gefahrensituation besonders gut bestimmte Merkmale.
Oft "stimmt" das Bild
Etwa 20 bis 30 Mal im Jahr „zeichnet“ Johanna Schwair ein Phantombild. Die Zeugen, die zu ihr kommen, werden durch Sachbearbeiter ausgesucht, denn nur, wer sich zumindest an zwei der drei Merkmale „Nase, Mund und Augen“ erinnern kann, kann wirklich etwas zu dem Bild beitragen.Ab und zu sieht Johanna Schwair dann irgendwann das Foto vom Festgenommenen und daneben ihr Phantombild und entdeckt die Gemeinsamkeiten.
Zur Arbeit hört sie übrigens ab und zu Musik; Johanna Schwair ist ein Fan von Johann Sebastian Bach.
Wie sie zu dem Beruf gekommen ist und wie die Begegnungen mit den Zeugen ablaufen, hören Sie in der Klassik Radio Mittagspause - Auf eine Minute mit Svenja Sellnow gegen 12:15 Uhr und im Anschluss in der Mediathek.