Axel Brüggemann berichtet aus Wien
Nach den schrecklichen Ereignissen am Abend des 02. Novembers berichtet Kollege Axel Brüggemann, der zu der Zeit in Wien war

Klassikexperte Axel Brüggemann wohnt im zweiten Bezirk, wenige Hundert Meter vom Zentrum der Attentate.
Alle waren draußen vorm Lockdown
"Das war wirklich eine lange Nacht hier in Wien. Gebannt haben wir den Nachrichten zugeschaut." Viele Menschen, darunter auch Axel Brüggemann und seine Familie, haben sich gesagt: "...heute beginnt offiziell der Lockdown [...] komm wir gehen noch mal raus, wir gehen nochmal Essen, dann sind wir kulturell gefüttert für den Lockdown."Dies sei wohl genau die Situation, die angestrebt wurde: die Leute waren in den Restaurants, es hatte 20 Grad in Wien, es sei einfach noch einmal Leben genießen gewesen, bevor die Katastrophe eintrat, berichtet Brüggemann.
Gerade die Kultur habe noch einmal zeigen wollen, dass sie da ist: "Egal, ob Burgtheater, Konzerthaus oder Staatstheater - überall waren Veranstaltungen und überall haben die Veranstaltungen angefangen, bevor es zu diesem Terroranschlag gekommen ist und alle wurden überrascht und überall saßen Leute fest."
Michael Schade und Plácido Domingo verschanzt
Michael Schade, der Tenor, sei mit Plácido Domingo essen gewesen, man habe sich im Restaurant verschanzen müssen bis spät in die Morgenstunden. Am Burgtheater saßen die Leute fest bis spät in der Nacht und ebenfalls an der Staatsoper. Dort hat Tenor Roberto Alagna die letzte Aufführung des Bajazzo gespielt und über Instagram bekannt gegeben, dass er nun festsitze. "An der Staatsoper war es allerdings so, dass man irgendwann die Leute nach und nach rausgebracht und nach Hause gebracht hat."Wien gibt nicht auf
"Wien ist als lebenswerteste Stadt gewählt worden - in den letzten zehn Jahren immer wieder hintereinander - und ich glaube, die Stimmung in der Stadt ist auch eher ein Schock, dass diese Schönheit angegriffen wurde. Aber im Herzen und im Geist ist hier die Stimmung zu spüren: wir glauben an uns, wir glauben an die Kultur, wir glauben an das Mitmenschliche und das - verdammt - wollen wir uns auch nicht verderben lassen!"(A. Baumgart/A. Brüggemann)