Die Wahre Geschichte der Woche: Keine englische Krankheit – Spleen
Ausgewählt und Kommentiert von Florian Schmidt

Es gibt die Haarzwirbler, die Nägelbeißer, die Zwangszwinkerer, die Daumendreher oder die manischen Pickelausdrücker. Es soll Menschen geben, die immer, wenn sie eine Gurke schneiden, mitzählen müssen. Bei jeder einzelnen Gurkenscheibe. Was zu spannenden Vergleichen führt: „Diese Gurke hatte 123 Scheiben“ oder auch: „Da kauf ich nie wieder. Läppische 89 Scheiben, echt schwach.“
Auch ich zeige ab und an recht „bemerkenswertes“ Verhalten.
Beim Tanken achte ich penibel darauf, dass die Tankfüllung mit einem runden Betrag abgeschlossen wird. Bin ich oder zwei Cent über das Ziel hinausgeschossen, dann geht’s weiter bis zur nächsten glatten Zahl. Und ich notiere mir den jeweiligen Verbrauch und freue mich sehr darüber, wenn ich unter der bisherigen Bestleistung (sprich: einem möglichst geringen Verbrauch) geblieben bin.Rituale sind nicht zu unterschätzen
Beim Zähneputzen mache ich meine Zahnbürste immer schon VOR dem Zahnpasta-Draufschmieren nass, ein nicht zu unterschätzender, wichtiger Punkt im alltäglichen Ablaufplan. Und niesen muss ich leider immer laut, mit voller Wucht, ohne Rücksicht auf sich erschreckende Kollegen oder meine mittlerweile leicht genervten Familienmitglieder.Auch viele Prominente haben ihre Spleens
Der "X-Men"-Schauspieler James McAvoy befolgt immer noch das Gebot, das ihm einst seine Großmutter auferlegte: "Am ersten jedes Monats muss ich zu dem ersten Menschen, den ich treffe, 'weißes Kaninchen' sagen. Weil das Glück bringt."Weihwasser als Glücksbringer
Und die Trainerlegende Giovanni Trapattoni marschierte die Seitenlinie diverser Fußballfelder auf und ab und schwenkte dabei stets sein Weihwasserfläschchen. Das heilige Wasser war ein Geschenk seiner Schwester, einer katholischen Nonne, und sollte seinen Spielern göttlichen Segen bringen oder zumindest Glück.Herkunft von Spleen
Von Friedrich Epenstein habe ich nun in seiner „Wahren Geschichte“ gelernt, dass für all diese mehr oder minder liebenswerten Neurosen unsere Milz verantwortlich ist. Denn der Ausdruck Spleen bezeichnet im Englischen ursprünglich die Milz, die auf Englisch spleen heißt und auf Altgriechisch splēn. Übertragen bedeutet das so viel wie „schlechte Laune, Ärger, Verdruss“. Die Milz gilt als Sitz bestimmter Gemütskräfte und bei Erkrankung als Ursache für Hypochondrie, die auch als „Milzsucht“ bezeichnet wird.Jetzt ist aber wirklich Zeit für einen Kaffee. Aus der Mozarttasse. Und falls die gerade ein Kollege benutzt, bekomme ich Schnappatmung. Und schieb die dann einfach auf meine Milz.
Florian Schmidt
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Klara Jäger hat in der letzten Woche ihre wahre Geschichte der Woche vorgestellt, in der es um die "Zauberflöte" von Wolfgang Amadeus Mozart geht.