Kirill Serebrennikovs Hausarrest verlängert

Der Fall Serebrennikov
Seit anderthalb Jahren steht der russische Theater-, Oper- und Filmregisseur Kirill Serebrennikov unter Hausarrest. Die russische Regierung wirft dem 49-Jährigen vor, zwischen den Jahren 2011 und 2014 in Millionenhöhe staatliche Fördergelder veruntreut zu haben.Sein Hausarrest wurde nun auf Antrag der Staatsanwaltschaft bis zum 3. Juli 2019 verlängert.
Serebrennikov ist der künstlerische Leiter des Moskauer Gogol-Zentrums, einer Theater-Werkstatt, welche staatlich gefördert wird. Hier inszenierte Serebrennikov Werke wie u.a. Gogols „Die toten Seelen“ oder in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut „Machine Müller“.
Das russische Kulturministerium wirft Serebrennikov vor, Zuwendungen für Stücke bezogen zu haben, die nie umgesetzt wurden. So soll er Fördergelder von 133 Millionen Rubel unterschlagen haben.
Serebrennikov weist Vorwürfe zurück
Der russische Regisseur weist jegliche Vorwürfe von sich und hält dagegen, dass die russische Justiz an ihm ein Exempel statuieren würde, um regierungskritische Künstler einzuschüchtern.Serebrennikov setzt Arbeit fort
Aus dem Hausarrest realisiert Serebrennikov dennoch zahlreiche Projekte im Ausland. Ohne Telefon und Internetzugang kommuniziert er mithilfe seines Anwalts mit den ausländischen Opern- und Theaterhäusern, um sich mit den Ensembles abzustimmen und seine Inszenierungen umzusetzen.Anfang März etwa inszenierte Serebrennikov an der Hamburger Staatsoper die Verdi-Oper „Nabucco“. Von den Proben wurden Videos aufgezeichnet, welche auf einem USB-Stick durch einen Anwalt zu Serebrennikov gelangten. Zuvor inszenierte er auf ähnliche Weise in Zürich die Mozart-Oper „Cosi fan tute“ sowie in Stuttgart „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck.
Klassik Radio war auf der Premiere von Serebrennikovs „Nabucco“. Hier lesen Sie vom Abend.
Am Wochenende des 30. und 31. März wurde ihm der bedeutende russische Filmpreis „Nika“ verliehen.
Kirill Serebrennikov
Kirill Serebrennikov studierte in seiner Heimat Rostov-on-Don Physik und arbeitete nebenbei autodidaktisch an seiner Karriere als Theater-, Opern-, Film- und Fernsehregisseur.Erste Erfolge feierte der Russe in Deutschland an der Oper Stuttgart mit „Salome“ und an der Komischen Oper Berlin mit „Der Barbier von Sevilla“. Später konnte er auch in seiner Heimat Projekte am Mariinsky Theater in St. Petersburg oder am Bolshoi Theater in Moskau umsetzen.
Besonders viel Beachtung fand seine Zusammenarbeit mit Dirigent Theodor Currentzis in „Mysterion“ und im Benefiz-Projekt „Requiem“.
Serebrennikov gründete 2011 in Moskau die experimentelle Werkstatt „Plattform“ und das Studio Seven.
2016 erhielt er eine Auszeichnung auf dem Filmfestival in Cannes für „The Student“.
Update
Am 8. April 2019 wurde Kirill Serebrennikov überraschend aus seinem Hausarrest entlassen. Der 49-jährige Regisseur darf jedoch die Stadt nur mit polizeiliche Genehmigung verlassen, sein Pass ist ihm weiterhin entzogen.Im August 2019 entlastet ein vom Gericht in Auftrag gegebenes Gutachten Kirill Serebrennikov. Die Gutachter kommen darin zum Schluss, dass das Theaterprojekt, mit dem Serebrennikov angeblich Staatsgelder unterschlagen haben soll, tatsächlich noch mehr gekostet hat als die bereitgestellten Fördergelder. Serebrennikovs Verteidung forderte die Aufhebung des Verfahrens, die Gegenseite hat sich bisher noch nicht zum Gutachten geäußert.