Serebrennikov überraschend freigelassen

Überraschende Freilassung
Der russische Theater-, Opern- und Filmregisseur Kirill Serebrennikov wurde überraschend von seinem Hausarrest freigesprochen, wie die Agentur Interfax unter Berufung auf ein Moskauer Gericht berichtet. Seit anderthalb Jahren durfte Serebrennikov seine 33- Quadratmeter-Wohnung nicht verlassen und hatte keinen Internet- und Telefonanschluss sowie kaum Kontakt zu anderen Menschen.Nun wurde er von seiner Haft freigesprochen, darf allerdings die Stadt Moskau nicht unerlaubt verlassen. Dem 49-Jährigen wurde der Pass entzogen, so dass er bei der Polizei um Genehmigung fragen muss, um aus der Stadt auszureisen. Der Regisseur kündigte an, dass er nun wieder ungehindert arbeiten wolle.
Grund für den Hausarrest des Regisseurs war der Vorwurf der russischen Regierung, Serebrennikov habe zwischen den Jahren 2011 und 2014 in Millionenhöhe staatliche Fördergelder veruntreut. Sein Hausarrest wurde in der vergangenen Woche auf Antrag der Staatsanwaltschaft bis zum 3. Juli 2019 verlängert, umso überraschender kommt nun seine Entlassung.
Neben Serebrennikov wurden zwei Kolleginnen des Regisseurs ebenfalls überraschend von ihrem Hausarrest befreit.
Strafprozess geht weiter
Trotz seiner Entlassung aus dem Hausarrest führt die Staatsanwaltschaft den Prozess wegen angeblicher Veruntreuung weiter. Bei einer Verurteilung drohen Serebrennikov bis zu zehn Jahre Haft.Unterstützung bekommt der Regisseur von zahlreichen Künstlern und Menschenrechtsorganisationen, welche das Verfahren gegen Serebrennikov als Einschüchterungstaktik gegen regierungskritische Künstler sehen.
Ein kritischer Regisseur
Serebrennikov ist der künstlerische Leiter des Moskauer Gogol-Zentrums, einer Theater-Werkstatt, welche staatlich gefördert wird. Hier inszenierte Serebrennikov Werke wie u.a. Gogols „Die toten Seelen“ oder in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut „Machine Müller“.Das russische Kulturministerium wirft Serebrennikov vor, Zuwendungen für Stücke bezogen zu haben, die nie umgesetzt wurden. So soll er Fördergelder von 133 Millionen Rubel unterschlagen haben.
Trotz seines Hausarrests realisierte Serebrennikov Projekte im Ausland. Ohne Telefon und Internetzugang kommunizierte er mithilfe seines Anwalts mit den ausländischen Opern- und Theaterhäusern, um sich mit den Ensembles abzustimmen und seine Inszenierungen umzusetzen.
Anfang März etwa inszenierte Serebrennikov an der Hamburger Staatsoper die Verdi-Oper „Nabucco“. Von den Proben wurden Videos aufgezeichnet, welche auf einem USB-Stick durch einen Anwalt zu Serebrennikov gelangten. Zuvor inszenierte er auf ähnliche Weise in Zürich die Mozart-Oper „Cosi fan tute“ sowie in Stuttgart „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck.