Der Weltrekord für die längste musizierende Menschenkette wurde nicht gebrochen. Es gab zu wenig Anmeldungen.
Am 04. Juni 2022 sollten in Wewelsfleth in Schleswig-Holstein eigentlich 250 Musikerinnen und Musiker in einer Reihe aufgestellt Beethovens "Ode an die Freude" interpretieren und damit den Weltrekord für die längste musizierende Menschenkette aufstellen. Bereits im Februar hat Klassik Radio mit dem Veranstalter und Dirigent Jens Illemann gesprochen und dieser hat erzählt, was genau geplant war. Als die Redaktion jetzt wieder bei ihm nachgefragt hat, ob der Weltrekordversuch geglückt ist, musste uns der Musiker leider mitteilen, dass der Versuch nicht stattgefunden hat. „Die Absage war leider im Mai schon nötig, da ich Verträge mit Dienstleister wie Technik abschließen musste und es waren viel zu wenig Anmeldungen. Ich hab keine Chance gesehen, die Veranstaltung positiv durchzuführen“, erzählte Jen Illemann im Gespräch mit Klassik Radio. Nach seinem Aufruf sah erst mal alles danach aus, als würde die längste musizierende Menschenkette zustande kommen: „Wir hatten bis April knapp 90 Anmeldungen, doch dann gab es keinen Zulauf mehr […] Mindestens 250 Teilnehmer*innen hätten wir gebraucht und da war mir das Risiko, dass wir das nicht schaffen, zu groß.“
Eine neue Studie hat gezeigt, dass sich die Corona-Pandemie auch negativ auf den Musikkonsum der Deutschen ausgewirkt hat. Musik scheint nicht mehr so wichtig für die Menschen zu sein. Der Dirigent bemerkt auch abseits von seinem Weltrekordversuch, dass vor allem Musikerinnen und Musiker noch Hemmungen zu haben scheinen, wenn es darum geht, wieder Musik zu machen: „Ich denke, das liegt an den Erfahrungen der Musiker*innen der letzten zwei Jahre. Oft wurden Veranstaltungen und Konzerte geplant, die Vorfreude war groß und man hat sich vorbereitet und dann wurde es doch abgesagt. Der zweite Punkt ist, denke ich, dass die Musiker und Musikerinnen die neue Freizeit schätzen gelernt haben.“
Illemann gibt aber nicht auf, er ist sich sicher, dass die Menschen zur Musik zurückfinden, auch wenn es noch Zeit benötigen könnte: „Ich habe gehofft, dass es schneller geht. Ich merke aber bei meinen eigenen Projekten, dass das nicht der Fall ist […] Ich bin eher der Meinung, dass vieles irreparabel zerstört ist. In zwei bis drei Jahren kann sich vielleicht einiges normalisieren, ich glaube aber, dass die Musikwelt, wie sie vor Corona war, nicht mehr weiter geht. Es braucht viele gute, kreative und neue Ideen.“
Mit vielen weiteren Projekten versucht er jetzt Musikerinnen und Musiker zu erreichen. „Ich möchte mit einem groß angelegten Workshopangebot in Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen die Begeisterung wieder zurückbringen und mit Impulsen dafür sorgen, dass sich die Musiker*innen wieder mit ihrem Instrument beschäftigen“, erzählt Illemann. Das Angebot seiner Workshops ist groß: Zum Beispiel gibt es zwei Bootcamps für Trompete und Querflöte: „Bei Trompete habe ich sogar den Star-Trompeter Benny Brown gewinnen können oder es gibt den Workshop Irish Fiddling mit der Geigerin Anette Homann.“
Wer weiß, wenn er mit seinen Workshops wieder genügend Menschen fürs Musizieren begeistern kann, vielleicht klappt es dann im nächsten Jahr doch noch mit dem Weltrekordversuch.