Anne-Sophie Mutter zählt zu den ganz Großen der klassischen Musik. Am 29. Juni feiert sie ihren 62. Geburtstag. Zwischen großen Konzertsälen, Open-Air-Tourneen und musikalischen Weggefährten wie John Williams hat sie uns gezeigt, wie viel Menschlichkeit, Humor und Pragmatismus hinter ihrer Weltkarriere stecken. Ein Blick hinter die Kulissen einer faszinierenden Künstlerin, die mit Leib und Seele Musikerin ist – und dabei ganz sie selbst bleibt.
Anne-Sophie Mutter hat schon in allen großen Konzerthäusern dieser Welt gespielt – aber ihren 62. Geburtstag feiert sie ganz woanders: irgendwo auf einer Wiese in England, wie sie im Interview mit Klassik Radio Redakteurin Evita Helling erzählt. „Meine Tochter lebt ja in London, arbeitet im Filmbusiness, und zusammen mit meinem Sohn werden wir dann in England feiern. Meine Kinder wollten mich auf meinen Wunsch hin irgendwo aufs Land entführen.“ Ihr eigentlicher Wunsch bleibt aber der Weltfrieden: „Wenn ich mir was wünschen könnte, würde ich mir natürlich Frieden wünschen.“ Denn am Ende sind es diese großen Wünsche nach Frieden und Zusammenhalt, die wirklich zählen – auch an ihrem Ehrentag.
Anne-Sophie Mutter gehört zu den ganz Großen der klassischen Musik – und nimmt sich selbst dabei überhaupt nicht zu ernst. Lampenfieber? Eher nicht. Rituale? Wenn überhaupt, dann pragmatisch. „Stimmen ist natürlich ganz wichtig für einen Streicher. Und ansonsten gibt’s vielleicht ein kleines Stück Banane – aber das war’s dann auch.“ Was vor dem Konzert zählt, ist der Alltag: „Es gibt ja immer 100 verschiedene Stunden davor – und immer irgendwas zu bedenken oder zu bewältigen.“ Die Musikerin, Mutter und Managerin bleibt dabei vor allem eines: souverän. „Im Prinzip bin ich ziemlich, wie soll ich sagen, robust. Als alleinerziehende Mutter lernt man auch: anything goes.“
Nur wenige Tage nach ihrem Geburtstag startet Anne-Sophie Mutter ihre nächste große Tournee – mit Musik von John Williams, ihrem langjährigen künstlerischen Weggefährten, dem sie tief verbunden ist. Ihre Zusammenarbeit sprengt Genregrenzen und lebt von gegenseitigem Respekt. Über Williams sagt sie mit spürbarer Zuneigung: „John Williams ist der liebenswürdigste und liebenswerteste Mensch, dem Sie je begegnen werden.“ Man hat das Gefühl: Bei Anne-Sophie Mutter beginnt die Musik nicht erst auf der Bühne – sie schwingt schon mit, wenn sie wenige Tage zuvor lächelnd an die bevorstehenden Projekte denkt.
In der Musik hat sie ihre Favoriten – aber keine Hierarchie: „Wenn ich auf der Bühne bin und mir ein Programm aussuche, ist da Mozart drin, Debussy, Penderecki, Ravel und John Cage. Ja, ich liebe alle Komponisten.“ Aber es läuft nicht immer alles nach Plan: „Der Reißverschluss reißt, muss schnell noch eingenäht werden oder geht auf, geht kaputt, während ich spiele. Oder ich gehe mit gemütlichen Pantoffeln nach der Pause auf die Bühne, schaue runter beim Verbeugen und sehe: Oh, okay.“ Anne-Sophie Mutter nimmt’s mit Humor: „Meistens ist es eigentlich eher spaßiger Natur. Und es ist ja keine Neurochirurgie, was wir auf der Bühne machen. Insofern sehe ich das eigentlich immer gelassen.“
Auch mit Blick auf die Zukunft bleibt sie wach und differenziert – selbst wenn’s um Künstliche Intelligenz geht. „Ich weiß von zeitgenössischen Komponisten, dass KI durchaus ein interessantes Jumping Board ist, also eine Möglichkeit des Experiments und auch so eine Art Dialog, um zu sehen, was dabei rauskommt.“ Für sie gilt: offen bleiben, aber menschlich denken. „Der menschliche Kontakt – etwa die Hand eines Pflegers oder Arztes auf der Schulter – diese Berührung und das, was Hände schaffen können: sei es ein Schreiner, ein Musiker oder jemand im Krankenhaus. Das ist etwas Kostbares. Dieses Gut, dieses taktile Wissen und die Welt von Liebe, die wir durch unsere Hände ausdrücken, sollten wir nicht unterschätzen.“
Gibt es etwas, das sie noch hätte werden wollen – abseits der Musik? Mutter antwortet trocken: „Ich glaube, das ist geradezu peinlich: Ich tauge sehr wahrscheinlich nur zum Geige spielen.“ Und vielleicht macht genau diese Selbstironie, gepaart mit Tiefgang und Liebe zur Sache, ihren Zauber aus. Anne-Sophie Mutter überzeugt durch Authentizität und Persönlichkeit. Elegant, selbstbewusst, humorvoll – und immer ganz bei der Musik. Auch mit 62.
Wer noch tiefer in die Welt großer Musikerpersönlichkeiten eintauchen möchte, wird auf unserem Sender „Legenden der Klassik“ bei Klassik Radio Select fündig: