Boian Videnoff ist nicht nur Chefdirigent und Gründer der Mannheimer Philharmoniker, sondern möchte mit der App "Enote" nun auch die Musikwelt revolutionieren.
Dabei verbindet die App gleich zwei Funktionen: zum einen fungiert sie als eine Art Noten- und Partiturenbibliothek, durch die Musizierende mit einem Klick Zugriff auf Noten aus der ganzen Welt erhalten sollen. Zum anderen enthält sie durch künstliche Intelligenz jede Menge Zusatzfunktionen, die die Arbeit und den Austausch von Profi- und auch Laienmusikern einfacher macht.
Denn die App zeigt die Noten nicht nur als PDF, sondern oft auch in einem Format, mit dem man ähnlich arbeiten kann wie in "Word": man kann Annotationen einfügen, die dann aber nicht wie "draufgemalt" erscheinen, sondern aussehen, wie gedruckt - für ein leichteres Lesen beim Musizieren. Auch etwaige Druckfehler können so ausgebessert werden. Durch die App kann man seine Dokumente auch ganz einfach mit Kollegen teilen, bspw. ein Musiklehrer mit seinen Schülern oder in Zukunft vielleicht auch zwischen Orchestern. So könnte dann auch ein reisende Gastdirigent mit einem Klick ihr ganzes Material an das Orchester schicken.
Durch die künstliche Intelligenz gibt es einige Arbeitserleichterungen: "Dadurch, dass wir Algorithmen haben, die wirklich auch die Zeichen erkennen. So können in einem Dokument auch Wiederholungen erkannt werden. Wenn also im Stück eine Wiederholung erreicht wird, dann springt die Anzeige automatisch z.B. sieben Seiten zurück, zum Anfang der Wiederholung", erklärt Boian Videnoff begeistert. Zudem kann man die App mit einem Fußpedal koppeln, so dass die Musiker zum Umblättern nur noch das Pedal betätigen müssen und so fortwährend beide Hände frei haben.
Die Idee zur App kam Boian Videnoff durch einen Freund aus der IT-Welt, der sich ein bisschen über den Musiker lustig machte: "Warum ich denn, wenn es um meine Arbeit geht, ich immer noch ein bisschen im 19. Jahrhundert feststecke und nicht alles auf dem IPad dabei habe".
Das Problem: "Viele Apps, wo man selbst Noten scannen und verwalten muss, sind sehr umständlich und haben keine zentrale Bibliothek, wie wir es bspw. für Musik kennen", erläutert Boian Videnoff.
Die Metadatenbank ist sehr umfangreich und umfasst aktuell rund 10.000 Werke - bis Ende des Jahres sollen es 50.000 Werke sein. "Man kann auch Suchanfragen machen wie 'ich suche ein Stück für Violine und Klavier, nicht länger als 10 Minuten, von einem französischen Komponisten, der ein Geburtsjahr in XY hat", erklärt Boian Videnoff. Das kann auch bei der Repertoiresuche von Orchestern helfen.
Es gibt bereits zwei Institutionen, die mit der App als Pilotprojekt arbeiten: einerseits die Mannheimer Philharmoniker, die die App schon in diesem Jahr im Orchesterbetrieb einsetzen möchten. Der andere Partner ist die Berliner Staatsoper Unter den Linden mit Daniel Barenboim. "Dort ist auch der Wunsch langfristig, dass das Orchester von Geräten spielt, aber auch dass das Theater eine Art "Smart Theatre" wird, so dass z.B. wenn eine bestimmte Note in der Partitur erreicht wird, die Bühne nach links oder rechts bewegt wird."
Dabei gibt es zwei Versionen der App: Herunterladen, die Noten ansehen und Grundfunktionen sind kostenlos. Wer mehr will, greift auch die kostenpflichtige Premium-Version zurück. Beides ist zur Zeit (noch) nur für Apple Geräte nutzbar.