“Auf nach Wohnanien” heißt es bei dem neuesten Projekt der freien Theatergruppe “Pulk Fiktion” aus Köln.
Jeweils zwei Teilnehmer gehen mit einem Ensemblemitglied auf eine Audioreise, einen sogenannten “Homewalk”. Dafür verbinden sich alle auf einer Kommunikationsplattform und erkunden gemeinsam ihre Wohnungen. Allerdings nur mit Ton, ohne Bild.
Oft melden sich die Teilnehmer schon gemeinsam an bzw. werden von ihren Eltern angemeldet, das heißt, es handelt sich um Freund*innen. Ansonsten werden sie eher zufällig gematched. Es wird normalerweise nur darauf geachtet, dass der Altersunterschied nicht riesengroß ist und Erwachsene werden meist mit anderen Erwachsenen gematched. " Es gab allerdings auch schon Ausnahmen und Homewalks bei denen die Teilnehmer bunt gemischt waren und auch das habe super funktioniert, erklärt Norman Grotegut von "Pulk Fiktion", Mitinitiator des Projekts und einer der “Reiseleiter":
Zu Beginn lernt man sich erst einmal ein bisschen kennen, beschreibt, was man am Reisen so mag. Dann geht es zum Packen und es wird entschieden, welche Reiseaccessoires unbedingt mitmüssen. Dann geht es auch schon los, beschreibt Norman Grotegut:
"Man marschiert nach Flurien und entdeckt so, was es dort zu sehen gibt, sowohl in der einen als auch in der anderen Wohnung. Man beschreibt sich dabei so ein paar Dinge. Dann reist man nach Badonien, dann nach Küchestan, es gibt auch noch Eltanien, das Elternschlafzimmer. Nach und nach erarbeitet man sich die Landschaften der eigenen Wohnung als ein Reisegebiet"
Außerdem lernen alle Reiseteilnehmer etwas "wohnisch". Zum Glück wird nicht in jedem Zimmer eine andere Sprache gesprochen und auch "wohnisch" ist eher eine Art Geräuscherate. Dabei können manche Laute ortsspezfisch sein - so ist z.B. das Geräusch einer Kühlschranktür meist in "Küchestan" zu hören.
Jeder "Homewalk" hat ein dramaturgisches Gerüst, das je nach Situation, wandelbar und ausbaufähig ist. Das ist auch gut so, denn eine Reise nach "Wohnanien" bringt manchmal einige Herausforderungen und Überraschungen mit sich, erklärt Roman Grotegut: "Einmal hat sich ein Junge plötzlich mit seinem Geschwisterkind gestritten und er war so schlecht gelaunt, dass er erstmal ausgestiegen ist. Er ist dann wieder gekommen und wir haben ihn aufgefangen und es hat gut funktioniert. Doch es war schon eine kniffelige Situation, weil es gar nicht so einfach einzuschätzen war, was jetzt wirklich passiert ist."
Auch die Landschaft von "Wohnanien" hat manchmal ihre Tücken:
"Im positiven Sinne ist die 1-Zimmer-Wohnung bei erwachsenen Teilnehmenden schon so eine Sache, wenn man sagt: "So, wir gehen jetzt ins Elternschlafzimmer, was eigentlich dein Schlafzimmer ist, wie machen wir das jetzt oder, das hatte eine Kollegin, da war die Wohnung ein Bauwagen - das war auch eine lustige Herausforderung."
In einem Fall, gab es zwar genug Platz, doch dafür andere Widrigkeiten beim Trip nach "Wohnanien", erzählt der Reiseleiter :"Das Herzerweichendste für mich war, dass einmal ein Junge nicht mit seinem Smartphone unterwegs war, sondern mit dem Laptop des Vaters. Der lief nicht über Akku, sondern nur über das Netzteil und so ist der Junge mit Laptop und Kabeltrommel treppauf und treppab durch die mehrgeschossige Wohnung gewandert, ohne sich zu beschweren."
Die Trips nach "Wohnanien" dauern bis zu 95 Minuten und werden von der freien Theatergruppe "Pulk Fiktion" angeboten, aber auch von anderen Schauspielhäusern und Theatern gehostet, z.B. in Dortmund und Ingolstadt. Benötigt werden ein Smartphone mit Internetverbindung und ein Paar Kopfhörer mit Mikrofon. Die Vernetzung erfolgt mit der App Jitsi Meet, die man kostenlos herunterladen kann.