Jede Woche wählt ein Mitglied aus der Redaktion eine persönliche Wahre Geschichte der Woche aus und verleiht ihr eine besondere Note.
Diese Woche kommentiert Anna Baumgart:
„Omnibus – Für alle!“ Offenbar gehört das zum berühmten Küchenlatein, genauso wie „Agricola arat – Der Bauer pflügt“, denn damit verbinde ich meine ersten Latein-Kenntnisse und die einzigen meiner Mutter (sie beherrscht dafür andere Sprachen).
Nachhaltig beeindruckt hat die damals Zehnjährige einzig der Omnibus.
Der Omnibus, zunächst ein großer geschlossener Pferdewagen, der möglichst viele Menschen transportieren konnte, wurde erstmals 1825 in Nantes eingesetzt und zwar auf dem Weg zu einer neuen Badeanstalt. Den Namen hatte der findige Betreiber der Badeanstalt damals vom Kolonialwarenhändler Monsieur Omnés „geklaut“, der mit dem Slogan „Alles für alle“ auf Latein - mit Anspielung auf seinen eigenen Namen - „Omnes omnibus“ warb. Und „omnibus“, also für alle, sollte ja auch das neue Gefährt sein.
Die Bezeichnung Omnibus schwappte wenige Jahre später nach Paris und begann von dort ihren Siegeszug nach Wien, Berlin und sogar London als Transportmittel im Massenverkehr – längst nicht mehr nur als Pferdewagen, sondern irgendwann auch als motorisiertes Gefährt.
Und so kam der Begriff auch irgendwann in einem kleinen hessischen Dorf an und ist für meine Mutter auf ewig mit einem besonderen Erlebnis verbunden: dem ersten Kinobesuch.
Zusammen mit einer Freundin und deren Vater, einem Arzt, durfte sie in einer der nahegelegenen Städte ins Kino gehen. Und die Fahrt trat man nicht im eigenen Vehikel an, sondern nutzte den Bus oder eben, wie der Vater erklärte, den Omnibus. Sicher hatte der Arzt noch deutlich versierteres Fachwissen auf Lager und schließlich stand am Ende der Reise ein Film, der bestimmt auch jede Erinnerung hätte überschatten können, aber nachhaltig beeindruckt hat die damals Zehnjährige einzig der Omnibus mit der Erkenntnis, dass der Name „für alle“ bedeutet.
Die Wahre Geschichte ist seit Jahren ein Hinhörer für Groß und Klein. Friedrich Epenstein erzählt spannende Hintergründe zu Erfindungen oder geschichtlichen Ereignissen.
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Und dank dieser Geschichte ist auch für mich jede Busfahrt irgendwie ein bisschen mit meiner Mutter verbunden.
Herzlich,
Ihre Anna Baumgart