Jede Woche wählt ein Mitglied aus der Redaktion eine persönliche Wahre Geschichte der Woche aus und verleiht ihr eine besondere Note.
Diese Woche kommentiert Stefan Ibelshäuser:
Kein Bild der Kunstgeschichte ist so sagenumwoben wie das wohl bekannteste Gemälde der Welt: Leonardo da Vincis Mona Lisa.
Ein Meilenstein der Ästhetik. Die Kompositionstechnik der Mona Lisa hat sie zu einem der meiststudierten Werke der Kunstgeschichte und von angehenden Künstlern gemacht. Bis heute faszinierend ist der sehr moderne Bildausschnitt. Und die subtilen optischen Effekte sorgen auch heute noch für Staunen: Die Platzierung ihrer Augen und natürlich ihr berühmtes, geheimnisvolles Lächeln.
Bei einem Besuch im Louvre habe ich das getan, was schon Millionen Museumsbesucher vor mir taten: Ich drehte und wendete mich vor dem Kunstwerk und beobachtete dabei die Augen der Mona Lisa, die mich scheinbar durchgehend beobachteten, egal welche Position ich einnahm. Ein Geniestreich, der die wissenschaftlichen und anatomischen Kenntnisse des Ausnahmekünstlers Leonardo da Vinci unterstreicht.
Und auch um das legendäre Lächeln der Mona Lisa ranken sich Legenden. Es gibt Berichte, die überliefern, dass eine Gruppe von Musikern engagiert wurde, die während der Sitzungen des Malers aufspielte, damit Mona Lisa lange genug in der heiteren, ausgeglichenen Stimmung verweilen konnte. Sollte dem so gewesen sein, so wäre es ein weiterer Geniestreich von Leonardo da Vinci. Und natürlich haben die Geheimnisse, die sich bis heute um die Mona Lisa ranken, zu ihrer einzigartigen Berühmtheit beigetragen.
Möglicherweise handelt es sich um ein Auftragwerk da Vincis für einen Florentiner Edelmann. Der bereits zweimal verwitwete Francesco del Giocondo, heiratete im Jahre 1495 eine junge Frau namens Lisa. Auf diese Geschichte geht der Name zurück, der dem kleinen Gemälde in der Größe von 77x53 cm gegeben wurde. Eine andere Theorie glaubt zu wissen, dass die abgebildete junge Frau niemand anders als die Geliebte von Giuliano di
Lorenzo de' Medici sei, eines führenden Florentiner Politikers. Bis zum heutigen Tag wurde dieses Geheimnis nicht gelüftet. Mona Lisa selbst lächelt verschmitzt und schweigt. Endgültig Weltruhm erlangte das Meisterwerk aber erst im 20. Jahrhundert, durch einen spektakulären Kunstraub im Louvre im Jahr 1911. Die Presse stürzte sich geradezu auf dieses Ereignis : Wer konnte das Meisterwerk an einem Montag stehlen, an dem das Museum für die Öffentlichkeit geschlossen war ? Wie war der Kunstdieb genau vorgegangen ? Und warum hatte er es ausgerechnet auf dieses Bild abgesehen?
Das Gemälde konnte wieder aufgefunden und sichergestellt werden. Der Täter konnte ermittelt werden. Aber die Geschichte hinter dem spektakulären Kunstraub ist geradezu anrührend. Bei dem Dieb handelte es sich um den extrem patriotischen Italiener Vincenzo Peruggia. Er gab zu, das Bild gestohlen zu haben. Aber nicht aus Eigennutz, sondern um Leonardo da Vincis Meisterwerk wieder in sein ursprüngliches Heimatland zurückholen. Dieses Geständnis war so glaubwürdig, dass selbst die Richter Gnade walten ließen. Der Kunstdieb musste nur für 7 Monate ins Gefängnis, eine verhältnismäßig geringe Bestrafung für einen derart spektakulären Kunstdiebstähl.
Die Mona Lisa hat dieser Kunstraub noch berühmter gemacht. Aber sie hängt heute wieder an ihrem Platz im Pariser Louvre, mittlerweile hinter Panzerglas.
Was könnte uns die echte Mona Lisa nicht alles für Geheimnisse verraten. Aber sie schweigt stattdessen nur und lächelt beseelt. Für alle Zeiten.
Herzliche Grüße
Ihr Stefan Ibelshäuser