Jede Woche wählt ein Mitglied aus der Redaktion eine persönliche Wahre Geschichte der Woche aus und verleiht ihr eine besondere Note.
Diese Woche kommentiert Klara Jäger:
Ich liebe Improtheater: ab und an spiele ich selbst, aber auch als Zuschauer ist es immer ein ganz besonderes Ereignis: schließlich kann man aktiv mit Einfluss nehmen auf das Geschehen auf der Bühne und weiß nie, welche Wendung das Ganze nehmen wird. Wie lange es diese Art von Theater allerdings schon gibt, war mir ehrlichweise nicht bekannt. Umso überraschter war ich, als mir die Geschichte der Woche „Italienischer Hanswurst – Harlekin“ offenbart hat, dass es eine Art Vorläufer des „Improtheater“ schon im 16. Jahrhundert gab: die Commedia dell’Arte.
Anders als beim Improvisationstheater war bei dieser speziellen Form des Volkstheaters allerdings sehr viel mehr festgelegt: wenn auch der Text nicht vorgegeben war, so war dies aber bei den Charakteren und der Handlung des Stücks der Fall. Davon gab es allerdings mehrere und die wurden dann improvisiert und ausgeschmückt.
Einer der Charakter, der tatsächlich immer dabei war: der Harlekin. Und hier hat mich die Geschichte der Woche ein zweites Mal überrascht: denn es ist schon bemerkenswert, wie sich eine eigentlich festgelegte Figur im Laufe der Jahre so weiterentwickelt hat.
Ursprünglich handelte es sich beim „Harlekin“ nämlich um einen unsicheren, abergläubischen Gesellen, der immer in Geldnot war und Hunger litt. Mit der Zeit wandelte sich seine Erscheinung aber und gewann an Profil: zwar war der „Harlekin“ noch ein anhänglicher Diener, doch aus seinen misslichen Lagen befreite er sich stets sehr kreativ und teils durchtrieben. Dabei war er aber nicht boshaft und auch, wenn ihm oft übel mitgespielt wurde: auf Rache war er nicht aus.
Mit diesem Wesen hat er es geschafft, ab dem 17. Jahrhundert auch in Deutschland auf der Bühne aufzutauchen und den viel plumperen und primitiveren „Hanswurst“ abzulösen. Auch in anderen Theaterformen taucht er auf, ist teils sogar abgewandelt in Charlie Chaplins Slapstickszenen zu entdecken. Abgesehen davon, findet man ihn in zahlreichen Bildern und Figuren wieder.
Vielleicht etwas weit hergeholt – doch eigentlich lässt sich die Geschichte des Harlekins auch ins wirkliche Leben übertragen: denn oft ist es doch so: wenn man Raum, Zeit und Wille zur Weiterentwicklung hat, weichen mit der Zeit oft anfängliche Unsicherheit und Angst, die z.B. noch als Kind oder Jugendlicher bestehen, und der wahre, einzigartige Charakter kommt zum Vorschein.
Herzliche Grüße,
Klara Jäger