Jede Woche wählt ein Mitglied aus der Redaktion eine persönliche Wahre Geschichte der Woche aus und verleiht ihr eine besondere Note.
Diese Woche kommentiert Larissa Bothor:
Ich hätte da eine Frage: Wie würde eigentlich Ihr ganz persönliches Schlaraffenland aussehen? Eher klassisch mit Milch und Honig, die in den Flussbetten durch die perfekte Landschaft fließen. Diese besteht natürlich aus Kuchen, Gebäck und Keksen. Oder wäre ihr Schlaraffenland ein Meer mit endlosem Strand mit Piña Colada-Wellen und einem Pool, gefüllt mit Geld? Alternativ wäre da noch ein Himmelsschiff aus Schokolade mit Zuckerwatte-Wolken und Gummi-Schlangen, die daran hängen. Und aus der Regenwolke nebenan tropft frisch gebrühter Kaffee. Jeder hat sein persönliches Scharaffenland und darum geht es in meiner heutigen „Wahren Geschichte“
Der eigentliche Ursprung dieser Fantasien ist wohl der Ausdruck von Mangel. Man wünscht sich meistens das, was man entbehrt und möchte das endlich im Überfluss zur Verfügung haben. Demnach formt sich das Aussehen unseres Schlaraffenlandes. Der Hunger spielte beispielsweise bei den Menschen früher eine große Rolle und daher sah das Paradies auf Erden in den damaligen Geschichten oft aus, wie ein gigantisches Buffet. Grundsätzlich geht es aber immer um Freude, Glück und die absolute Zufriedenheit.
Die Idee des Schlaraffenlandes in dem alles möglich ist, alles kann und -ganz wichtig- nichts muss! Eine Form dieser Wunsch-Welt gibt es bereits bei dem Volksdichter Hans Sachs, der von dem „Land, drei Meilen hinter Weihnachten“ sprach und es „Land der Sluraffen“ nannte. Die Bewohner dieses Landes waren die „Schluris“, die lässig alles schleifen ließen. Bis heute hat sich das Schlaraffenland als Fantasieort erhalten und es spielt natürlich mit der Utopie: Einmal angekommen in diesem Land wären wir zufrieden bis an unser Lebensende.
Kommt, wir wollen uns begeben
jetzo in Schlaraffenland!
Seht, da ist ein lustig Leben,
und das Trauern unbekannt.
Seht, da läßt sich billig leben,
und umsonst recht lustig sein:
Milch und Honig fließt in Bächen,
aus den Felsen springt der Wein,
aus den Felsen springt der Wein.
Aus "Schumann: Lieder-Album für die Jugend, Op.79 - 5. Vom Schlaraffenland"
Ist es überhaupt erstrebenswert in einem Schlaraffenland zu leben. Das frage ich mich bei der heutigen „Wahren Geschichte“. Was wäre denn, wenn wir angekommen wären. Was gibt es dann noch für uns zu tun? Würden wir uns nicht automatisch andere Ziele und Wünsche suchen, um unserem Leben eine Richtung zu geben? Was hätte eigentlich Sisyphos gemacht, wenn er endlich mit seinem Stein oben am Berg angekommen wäre?
Vielleicht ist es ein Mittelweg (wie bei allem): Die Zufriedenheit mit der aktuellen Situation zu spüren und dankbar zu sein aber trotzdem nicht zu stagnieren und sich „wunschlos“ zurückzulehnen. Ich persönlich sehe Wünsche auch als eine Art Antrieb und glaube, dass ich diesen in meinem Schlaraffenland gänzlich verlieren würde…
Herzliche Grüße
Ihre Larissa Bothor