Seine Musik berührt ohne große Worte und klingt tief in unseren Herzen weiter: Ludovico Einaudi, der große Poet der New Classics. Zum Anlass seines 70. Geburtstags blicken wir tiefer auf den Menschen, der mit seiner emotionalen Musik Menschen auf der ganzen Welt begeistert und inspiriert.

Es gibt Künstler, deren Musik aus der Zeit gefallen scheint, und die uns doch genau mit dieser Musik im Tiefsten bewegen. Genau so ein Mensch ist der 1955 in Turin, Italien, geborene Ludovico Einaudi – ein Komponist, dessen Klänge sich wie leise Wegweiser in das Leben vieler Menschen eingeschrieben haben. Nun hat er sein 70. Lebensjahr begonnen – das Jubiläum eines Mannes, der die Musikwelt verändert hat, ohne dabei jemals laut zu werden.
Einaudi gilt als einer der prägendsten Vertreter der New Classics, jener musikalischen Stilrichtung zwischen Minimal Music, moderner Klassik und atmosphärischer Elektronik, die weltweit Millionen Menschen berührt. Sein Durchbruch begann in den frühen 1990er-Jahren, doch den globalen Siegeszug startete er mit Werken wie „Le Onde“ (1996) und „Eden Roc“ (1999) – Alben, die eine neue Ära introspektiver Klaviermusik einläuteten.
Seine Komposition „Nuvole Bianche“ zählt heute zu den meistgespielten Klavierstücken der Welt. „Una Mattina“, veröffentlicht 2004, wurde spätestens durch den Kinoerfolg „Ziemlich beste Freunde“ in das kollektive Gedächtnis von Filmfans weltweit eingeschrieben. Auch Filme wie „Nomadland“, „The Father“, „This Is England“, Serien wie „Doctor Foster“ oder Dokumentationen der BBC tragen seine Handschrift – immer als leises, aber entscheidendes emotionales Fundament.
Neben all dem Erfolg spielen auch seine musikalischen Vorbilder eine zentrale Rolle: sei es die barocke Poesie von Vivaldi, die Ernsthaftigkeit Beethovens oder die Spiritualität eines Johann Sebastian Bach. Sie alle haben ihn geprägt, noch mehr aber sein eigener Großvater, der als Dirigent schon früh Einaudis Leidenschaft für klassische Klänge entfachte. Doch er folgt keinem dieser Wege vollständig – er destilliert aus ihnen eine Form von Musik, die ganz ihm gehört: reduziert, atmend, menschlich.
Wenig bekannt ist, wie sehr Einaudi Inspiration im Gehen und auf Reisen findet. Seine Werke entstehen selten unter Zwang im Studio, sondern entwickeln sich organisch: oft während er die Welt bereist, Eindrücke sammelt und später in Skizzen verarbeitet. „Ich kann nicht vor einer leeren Seite sitzen und mich dazu zwingen“, erklärt er im Gespräch mit Klassik-Radio-Moderatorin Evita Helling zum aktuellen Album „The Summer Portraits“. Für Einaudi ist Sommer nicht nur eine Jahreszeit, sondern eine Atmosphäre: Licht, Wasser, Zeit mit Familie und Freunden, Barfußlaufen und die Gerüche frischer Lebensmittel. Schon als Kind wanderte er durch die piemontesischen Hügel, und bis heute prägt dieses stille Unterwegssein den Puls seiner Musik.
Auch seine Arbeitsweise unterscheidet sich von vielen Komponisten seiner Generation. Einaudi sammelt keine Motive – er wartet auf sie. Manche Melodien trägt er monate- oder jahrelang in sich, bis sie sich von selbst formen. Vielleicht ist es diese Geduld, die seine Musik so organisch und zeitlos wirken lässt.
Seine künstlerischen Experimente zeigen sich in Projekten wie „Elements“ (2015), das musikalische Strukturen aus Natur und Wissenschaft erforscht, oder dem siebenteiligen Zyklus „Seven Days Walking“ (2019), der in Musik übersetzt, was ein Tag für einen Menschen bedeuten kann: Wärme, Kälte, Licht, Dunkelheit, Wiederholung, Veränderung.
Zum Anlass seines besonderen Jubiläums lohnt sich ein Blick auf dieses Gesamtwerk, das Menschen auf der ganzen Welt miteinander verbindet. In riesigen Hallen, in stillen Momenten, auf Autofahrten, in berührenden Filmszenen oder in jenen späten Abenden, in denen man einfach nur den eigenen Gedanken lauschen möchte – Einaudis Musik bietet Raum dafür. Raum für Tiefe. Raum für Stille.
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