Einflussreicher Komponist statt neid­erfüllter Mörder – die wahre Geschichte Antonio Salieris

Zum 275. GeburtstagEinflussreicher Komponist statt neid­erfüllter Mörder – die wahre Geschichte Antonio Salieris

Vor 275 Jahren wurde ein Komponist geboren, der nicht nur die Opernbühnen Europas prägte, sondern auch unfreiwillig zur Hauptfigur einer der hartnäckigsten Legenden der Musikgeschichte wurde: Antonio Salieri. Das Bild vom giftmischenden Rivalen Mozarts ist reine Fiktion, faszinierend als Drama, aber falsch als Biografie. Zeit also, Salieri nicht länger nur als Komponist im Schatten des großen Mozart zu begreifen - sondern als einflussreichen Künstler mit eigener Stimme.

Einflussreicher Komponist statt neid­erfüllter Mörder – die wahre Geschichte Antonio SalierisFoto: Gemeinfrei

Ein gebrochener, alter Mann wird in der Irrenanstalt als „Patron der Mittelmäßigen“ davongefahren, während er sich zum Mörder Mozarts erklärt: es ist der Komponist Antonio Salieri. Wer den Film "Amadeus" kennt, erinnert sich an die Schlussszene. Kino kann mächtige Bilder schaffen – und dieses blieb haften. Doch die historischen Quellen erzählen eine andere Geschichte. Ärzteberichte und Zeugnisse von Zeitgenossen deuten eindeutig auf eine Krankheit als Todesursache hin, nicht auf Gift. Der Mythos entstand nicht aus Fakten, sondern aus Literatur: Schon zu seinen Lebzeiten verbreitete sich das Gerücht vom "mittelmäßigen Musiker", der es nicht ertragen konnte, ein Dasein im Schatten des großen Wolfgang Amadeus Mozart zu fristen. Dichter wie Alexander Puschkin machten schließlich daraus eine Legende (in seinem Drama "Mozart und Salieri"), später griff Peter Shaffer ihn im Theaterstück auf und Miloš Forman im Film. Was sich festsetzte, war das Bild vom neidischen Gegenspieler – nicht der wirkliche Musiker und Mensch Antonio Salieri.

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Ein Meister der Bühne

Tatsächlich war Salieri jahrzehntelang der wohl einflussreichste Musiker Wiens. Als kaiserlicher Hofkapellmeister bestimmte er, welche Opern aufgeführt wurden, er schrieb für die größten Bühnen Europas und brachte Werke heraus, die das Publikum bewegten. In Paris erlebte seine Tragödie "Les Danaïdes" einen sensationellen Erfolg – mit wuchtigen Chören und orchestraler Kraft, die den Nerv seiner Zeit trafen. In "Tarare", einer Zusammenarbeit mit dem Revolutionör Pierre Augustin Caron de Beaumarchais, wagte er politisch brisante Themen, verpackt in Musik, die zwischen zarter Schönheit und dramatischem Ausbruch changierte.



Der Lehrer der Genies

Wer nur den „ewigen Rivalen“ in ihm sehen will, übersieht sein eigentliches Vermächtnis. Salieri war ein Lehrer, dessen Schüler die Musikgeschichte verändern sollten. Beethoven lernte bei ihm den feinen Umgang mit der Stimme, Schubert verdankte ihm Stipendien und Ermutigung - und betete dafür das Genie seines Mäzens "auf Knien an", Liszt und Meyerbeer prägte er als junger Mann. Und als besondere Pointe: Er unterrichtete auch Franz Xaver Wolfgang Mozart, den Sohn jenes Komponisten, den er angeblich so sehr gehasst haben soll. Ein Mörder, der sich um das Kind seines Opfers kümmert? Schon das sollte die Legende entlarven.

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Spuren bis heute

Salieris Vermächtnis verschwand nicht mit ihm. Hector Berlioz berichtete von der erschütternden Wirkung der "Danaïdes", und in der französischen Oper finden sich viele seiner msuikalischen Spuren wieder. Moderne Künstler wie Cecilia Bartoli oder Dirigent Christophe Rousset haben mit gefeierten Aufführungen und Einspielungen gezeigt, wie lebendig diese Musik klingt, wenn man sie ernst nimmt. Wer zuhört, erkennt: Salieri war kein blasser Funktionär im Schatten Mozarts, sondern ein Komponist mit eigenem Temperament, einer klaren Handschrift und großem Theaterinstinkt.

Manuskript zur Oper "Palmira" von Antonio Salieri
Foto: Gemeinfrei
Original Handschrift von Salieris komischer Oper "Palmira, Königin von Persien"

Eine neue Perspektive

Die wahre Tragödie ist nicht die, die Salieri schrieb, sondern die, die über ihn geschrieben wurde. Statt ihn als den ewigen Gegenspieler zu sehen, lohnt es sich, seine Werke wieder zu entdecken. Sie erzählen von Dramatik, Mut und Menschlichkeit – und sie machen deutlich, dass er nicht nur Teil, sondern einer der prägendsten Köpfe der Wiener Klassik war. Antonio Salieris Musik gehört nicht ins Reich der wilden Gerüchte und Spekulationen, sie gehört zurück auf die Bühne!

Holger Hermannsen / 17.08.2025

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