Endgültig Schluss mit dem Superstar-Rezept

Brüggemanns prüfender Blick Endgültig Schluss mit dem Superstar-Rezept

Jeden Freitag um 09:40 Uhr und 16:10 Uhr kommentiert Klassikexperte Axel Brüggemann das Geschehen aus Klassik und Kultur.

Endgültig Schluss mit dem Superstar-Rezept

Es ist nicht mehr ganz so einfach in der Klassik-Welt. Das Rezept "Ich engagiere einen Superstar und alles ist super" funktioniert nicht mehr. Gerade zu sehen bei den Salzburger Festspielen.

Die Diva, der Star-Sopran, die russische Wunderbombe Anna Netrebko sollte für einen spektakulären Schlusspunkt bei den Salzburger Festspielen sorgen. Als Titelrolle, als Künstlerin Floria Tosca in Giacomo Puccinis gleichnamiger Oper. Die Probleme fingen damit an, dass Netrebko – das macht sie inzwischen öfter - die Generalprobe absagte. „Erkältung“, hieß es. Das erhöhte erst einmal den Puls der Festspiele: Zeitungen und der Boulevard zitterte um die Premiere.

Und: sie fand statt. Allerdings weniger umjubelt als erwartet. 

Der Schuss ging nach hinten los

Kein Wunder: die Inszenierung – eine drei Jahre alte Wiederaufnahme der Osterfestspiele – konnte nicht überzeugen. Die Sänger: nicht voll auf der Höhe.

Aber der Eklat sollte erst noch kommen. Netrebko - so hieß es – habe die Aufnahme nicht freigegeben: ORF und arte mussten die geplante Übertragung streichen. Statt „Tosca“ wurde in Österreich (wie sinnbildlich) der Krimi „Die Toten von Salzburg“ gesendet.

Mehr Mut, Neues zu wagen

Spott und Hohn also statt Ruhm und Ehre. Und nun hagelt es Kritik. Unter anderem vom ehemaligen Wiener Staatsopern-Direktor Ion Holender: Das sei Oper als billiges Spektakel, was Intendant Markus Hinterhäuser da inszeniere, Oper zum Ansehen statt zum Anhören, es ginge um Stars statt um die Musik. Das müsse scheitern.

Da hat er nicht ganz Unrecht. Zumal es ja auch anders geht. 2002, als niemand Anna Netrebko kannte. Sie wurde in Salzburg als junge Sängerin entdeckt. Und später die Sängerin Asmik Grigorian als Salome.

Festspiele sind so groß, dass sie den Mut haben dürfen, Neues zu wagen. Die Entdeckungen von Netrebko oder Gregorian waren Höhepunkte! So macht Oper Spaß: Bei der Geburt eines Stars dabei zu sein statt bei seinem Abgesang. 

(27.08.2021/ A. Brüggemann)

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26.08.2021

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