Starpianist Lang Lang wurde für sein neues Album „Piano Book 2“ mit dem Opus Klassik 2025 in der Kategorie „Bestseller-Album des Jahres“ ausgezeichnet. Im Gespräch mit Klassik Radio Moderatorin Evita Helling erzählt er, wie das Album entstanden ist, warum Schubert für ihn eine besondere Rolle spielt – und wie er ganz besonders Kinder weltweit für das Klavierspielen begeistert.
Klassik Radio: Was ist die Idee von Ihrem neuen Album Piano Book 2?
Lang Lang: Piano Book 2 ist eine Fortsetzung des ersten Piano Books, das wir vor sechs Jahren produziert haben. Dieses Album hat seitdem viele junge Menschen inspiriert, Klaviermusik zu hören und sie dazu ermutigt, selbst Klavierunterricht zu nehmen. Und auch für den Klavierunterricht finde ich, ist es ein wunderbares Tool, denn viele dieser Stücke können die Kinder – wenn sie hart arbeiten – selbst auch spielen. Sie sind technisch nicht allzu schwierig zu lernen.
Das neue Album enthält nicht nur das große klassische Repertoire, das wir damals schon hatten, sondern auch Musik aus Filmen wie Die fabelhafte Welt der Amélie sowie Weltmusik aus Ägypten, Afrika, China, Japan und Korea. Im Grunde wollten wir mit diesem Projekt das Klavier in alle Teile der Welt bringen. Einige der besten klassischen Stücke, die ich als Kind und Jugendlicher gelernt habe, sind ebenfalls auf dem Album enthalten. Dieses Mal gibt es jedoch auch technisch etwas anspruchsvollere Werke, wie Rachmaninoffs Morceaux de fantaisie oder Beethovens Rage over a Lost Penny. Daneben finden sich Stücke wie Schuberts Impromptus oder ein Nocturne von Chopin. Außerdem haben wir dieses Mal mehr Musik aus Videospielen aufgenommen – etwa das Hauptthema aus Black Myth: Wukong. Das war das Titellied einer TV-Serie, die ich als Kind ständig gehört habe. Dazu kommen Filmmusiken aus neuen Hollywood-Produktionen wie La La Land, einem meiner absoluten Ennio-Morricone-Favoriten, sowie Animationsmusik von Joe Hisaishi aus den großartigen Manga-Filmen.
Klassik Radio: Das ist eine tolle Mischung! Sie haben es schon erwähnt, dass Sie das erste Piano Book vor sechs Jahren produziert haben. Was hat sich seitdem für Sie verändert, auch persönlich?
Lang Lang: Seit dem ersten Piano Book hat sich einiges in meinem Leben verändert. Ich habe geheiratet und bin Vater geworden. Ich würde sagen, die letzten sechs Jahre waren eine Zeit des Wandels hin zu einem Familienmenschen. Und ja, ich bin reifer geworden. Wenn man eine Familie hat, wird man einfach schneller erwachsen.
Klassik Radio: Wie viele Stücke sind auf dem Album und gibt es eines, das Ihnen besonders am Herzen liegt?
Lang Lang: Auf dem Album sind 32 Stücke enthalten. Es ist schwer, sich festzulegen, aber besonders die modernen Stücke liegen mir am Herzen, weil wir dafür eigens Transkriptionen anfertigen mussten. Dabei habe ich persönliche technische Elemente eingebracht. Ein schönes Beispiel ist das Naruto-Stück – das ist wirklich etwas Besonderes. Tony, ein sehr lieber Freund von mir, hat dafür extra eine Version für vier Hände arrangiert – einfach wunderschön. Auch andere Stücke haben wir komplett neu zusammengestellt, um sie auf eine gewisse Weise virtuoser zu gestalten. Mit einigen der Komponisten habe ich bereits bei meinem Disney-Projekt zusammengearbeitet. Wir verstehen uns sehr gut, und sie wissen genau, wie man die Essenz klassischer Musik in Gaming-Musik überträgt.
Klassik Radio: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Sadness and Sorrow aus Naruto auf das Album zu nehmen?
Lang Lang: Naruto ist ein großes, weltweites Phänomen – besonders bei jungen Menschen. Und die Musik ist einfach wunderschön. Wir wollten jedoch ein Arrangement schaffen, das nicht nur schön klingt, sondern auch neue Harmonien enthält. Andernfalls hätte es eher wie Hintergrundmusik gewirkt. Unser Ziel war, dass es mehr wie ein Chopin Nocturne klingt – mit einer tragenden Harmonik und echter Substanz. Gleichzeitig darf man aber nicht zu viele Farben und Akkorde hinzufügen, sonst wirkt die Musik schnell überladen. Also musste das Stück die richtige Länge und den passenden Klangraum finden. Es hat eine Weile gedauert, bis das alles gepasst hat – aber ich finde, die Arbeit hat sich gelohnt.
Klassik Radio: Auf dem Album sind so viele verschiedene klassische Komponisten zu hören. Wenn Sie nur einen Komponisten aussuchen dürften, auf den Sie nicht verzichten können – wer wäre das?
Lang Lang: Für dieses Projekt würde ich sagen: Schubert. Ich habe früher gar nicht so viel von ihm aufgenommen, obwohl ich seine Musik sehr liebe. Besonders die Impromptus waren eine große Inspiration – für Herz und Seele. Wenn man sie hört, befindet man sich in einer Art Traumwelt, aber mit echtem Gefühl, nicht mit einer leeren Illusion. Diese Mischung aus Fantasie und Schlichtheit ist einfach wunderbar.
Klassik Radio: Wenn ich Ihre Musik höre, habe ich immer das Gefühl, dass Sie viel Freude beim Spielen haben. Müssen Sie in einer bestimmten Stimmung sein, um Klavier zu spielen und Musik aufzunehmen?
Lang Lang: Wir haben das Album in mehreren Phasen aufgenommen. Mit den klassischen Stücken haben wir im November letzten Jahres gestartet, und im Frühling folgten dann die fertigen Arrangements der modernen Stücke. Einige der klassischen Werke habe ich dann im Frühling noch einmal neu eingespielt – sie waren gut, aber nicht gut genug. Manchmal hat man beim Spielen ein gutes Gefühl, doch bestimmte Werke brauchen einfach mehr Zeit, um zu reifen. Eine einzige Aufnahme reicht da oft einfach nicht aus. Es ist besser, nach ein paar Wochen zu erkennen, dass man etwas noch einmal anders interpretieren möchte. Das dauert manchmal einfach, bis man wirklich versteht, welche Interpretation man umsetzen will. Genau das ist bei einigen Aufnahmen passiert – das Ergebnis war dann beim zweiten Aufnehmen viel besser.
Klassik Radio: Wie bereiten Sie sich vor, bevor Sie sich ans Klavier setzen? Haben Sie bestimmte Rituale oder irgendwelche Lieblingsstücke zum Einspielen?
Lang Lang: Ja, die besten Stücke zum Einspielen auf dem Klavier sind Bach oder Mozart. Bach öffnet das Gehirn – durch die verschiedenen Stimmen und die ausgewogene Harmonie. Und Mozart weckt den Geist, bringt Energie. Diese Musik belebt einen sofort, weil sie so viele Charaktere in sich trägt.
Klassik Radio: Bei Ihrer Rede beim Opus Klassik haben Sie erwähnt, dass Sie mehr in Schulen spielen möchten. Welche Idee steckt dahinter – und welche Rolle spielt dabei Ihre Lang Lang International Music Foundation?
Lang Lang: Früher stand in den Klassenzimmern meist nur ein einziges Klavier, das kaum jemand spielen durfte. Doch dank moderner Technologie – insbesondere durch KI-Methoden – können heute viele Schülerinnen und Schüler gleichzeitig Klavier spielen, jeder mit Kopfhörern. Jedes Land hat ein anderes Schulsystem, aber wir möchten unsere Methode einführen, um den Musikunterricht zu bereichern. Unser Unterricht konzentriert sich auf das Keyboard. Wir bringen 20 bis 30 Smart Keyboards in die Klassenzimmer und arbeiten mit einer Lernmethode, die über Tablets läuft. Gemeinsam mit den Lehrkräften entwickeln wir diese Methode ständig weiter. Unser Ziel ist, dass die Kinder nicht nur zuhören, sondern selbst Musik machen
Lang Lang – einer der größten Pianisten unserer Zeit – begeistert nicht nur im Interview, sondern natürlich auch bei uns mit seiner Musik. Auf "Klassik Radio Plus" finden Sie im Sender "Legenden der Klassik" die schönsten Kompositionen, die seit Jahrhunderten Menschen auf der ganzen Welt berühren - meisterhaft interpretiert von den gefeiertsten Künstlern und Orchestern unserer Zeit:
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