Wie können wir die nächste Generation Kinogänger:innen erreichen? Die Initiative "Film macht Schule" gibt Antworten.
Wenn ein Geiger oder eine Cellistin in eine Schulklasse kommt und dort mit Kindern und Jugendlichen spielt, spricht und sich austauscht, dann ist das mit großer Sicherheit für die meisten Jungen und Mädchen ein unvergessliches Ereignis. Eine genauso faszinierende Begegnung bietet auch die Initiative FILM MACHT SCHULE. Denn hier treffen Filmschaffende auf die Kinogänger von morgen und vermitteln ihnen, wie interessant das Medium Film ist.
Die Produzentinnen Anna de Paoli und Roxana Richters haben dieses Projekt 2018 ins Leben gerufen, das nun - nach einer Corona-bedingten Pause - wieder weitergeht.
Uns hat Anna de Paoli erzählt, wie dieses Projekt entstanden ist: „Da kamen drei Dinge zusammen: Zum einen kam ich 2018 beim Kongress zur Zukunft des deutschen Films mit den 4 Thesen von Edgar Reitz in Kontakt. Eine davon bezieht sich auf die Stärkung der Filmbildung. Dann fiel mir eine Häufung starker Debüts von Regisseurinnen auf, die ich in jüngster Zeit gesehen hatte: Susanne Heinrich, Henrika Kull, Uisenma Borchu, Joya Thome… Ihre Filme sind mit kleinsten Budgets entstanden und haben trotzdem ihr Publikum begeistert. Sie könnten aber noch präsenter sein und die Gestaltungsfreiheit, die ihre Erstlinge versprühen, wünsche ich mir auch für kommende Filme. Dafür braucht es Raum und Zeit – und auch Geld, um in frühen Schaffensphasen die Miete zahlen zu können. Und damit sind wir beim dritten Punkt: Nachdem ich als Produzentin beim Filmfest München einen mit 20.000 Euro dotierten Preis gewonnen habe, wusste ich, dass ich ihn in diese Initiative investieren und damit eine win-win-win Situation schaffen möchte“.
Und so ist also vor vier Jahren FILM MACHT SCHULE geboren worden – eine Initiative, bei der Kinder und Jugendliche auf Filmschaffende in selbstkonzipierten Workshops treffen. Das heißt: Filmschaffende aus der Praxis sind z.B. in der Schule zum „Anfassen“ vor Ort und die Kinder erfahren aus erster Hand, wie Filme entstehen und dürfen auch in Workshops selbst kreativ tätig werden. Da jeder Filmschaffende seine Workshops individuell gestaltet, laufen die völlig unterschiedlich ab. Mal gibt es Exkursionen, mal werden Filme geschaut und anschließend mit den Machern besprochen.
Durch diese Begegnungen mit Regisseuren und Schauspielerinnen wird das Medium Film für die Kinder und Jugendlichen sehr viel greifbarer und intensiver, das hat Anna de Paoli bei ihren Workshops auch erlebt: „Nach Filmsichtungen gibt es z.T. nachdenkliche oder philosophische Diskussionen. Aber auch pure Begeisterung und Freude am Erleben, wie z.B. als eine dritte Klasse beim Abspann des Films spontan aufstand, um vor der Leinwand zu tanzen. Das sind die magischen Momente, die nur das Kino zu schenken vermag.“
Das Tolle ist, dass die Initiative tatsächlich in beide Richtungen wirkt. Nicht nur die Kinder sind begeistert, auch die Filmschaffenden selbst profitieren von diesem intensiven Austausch: „Sie lernen Sichtweisen von Menschen kennen, die einer anderen Generation entstammen und eine andere Lebensrealität haben. Dabei reflektieren sie ihre eigenen Arbeitsweisen und Methoden. Außerdem ist das Honorar extra großzügig bemessen und soll als Mini-Stipendium fungieren – da die Filmschaffenden ja komplett frei entscheiden können, wie und für wie lange sie ihren Workshop gestalten. Uns war es wichtig, nicht wieder zur Selbstausbeutung zu verführen“, erklärt die Produzentin und Initiatorin.
Alle interessierten Schüler, Lehrer und Filmemacher können hier weitere Informationen bekommen und das ausführliche Gespräch mit Anna De Paoli hören Sie am Donnerstag ab 19 Uhr in unserer „Cinemashow“.
(08.06.2022/ F. Schmidt)