„Ich bin ein Bachianer“

Albrecht Mayer spielt drei Bach-Generationen„Ich bin ein Bachianer“

Mit Johann Sebastian Bach hat sich der Oboist in den letzten 20 Jahren oft beschäftigt. Jetzt auch mit Bachs Großonkel und seinen Söhnen.

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Oboist Albrecht Mayer
Foto: Matt Dine
Oboist Albrecht Mayer

Drei Bach-Generationen auf einem Album

Albrecht Mayer streift auf seinem neuen Album »Bach Generations« (Deutsche Grammophon) gleich mehrere Jahrgänge der berühmten Künstlerfamilie. Es finden sich Werke von Mitgliedern dreier Bach-Generationen unter den Aufnahmen des mehrfachen Echo-Klassik- und Opus-Klassik-Gewinners. Beginnend mit Johann Sebastians Großonkel Johann Christoph und endend mit zweien seiner Söhne - Carl Philipp Emanuel und Johann Christoph Friedrich. 

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Zweijährige Recherche

Wenn Albrecht Mayer ein neues Album einspielt, dann beschäftigt er sich vorher ausgiebig mit den zu spielenden Werken. Manchmal muss er diese Werke erst finden, aber gerade dieser Recherche-Prozess, diese intensive Beschäftigung mit einem (oder mehreren) Komponisten, macht für den Oboisten den Reiz aus.

„Durch meine neu erworbene, sehr schöne Freundschaft mit Michael Maul, dem Leiter des Bach-Archivs in Leipzig und einem der Bach-Spezialisten weltweit, habe ich immer wieder Anregungen bekommen, dass da noch so viel mehr ist und nicht nur nach Bach, also in den Söhnen, sondern eben auch vor Bach“, erzählt Mayer im Klassik Radio-Gespräch. Und so hat er eben auch ein wunderschönes Stück von Bachs Großonkel Johann Christoph Bach, der Johann Sebastian auf dessen Lebensweg unterstützt und geholfen hat, aufgenommen.

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CPE Bach – damals der bekannteste Bach

Interessanterweise, berichtet Mayer von seiner intensiven Bach-Beschäftigung, war Carl Philipp Emanuel Bach zu Lebzeiten viel bekannter als sein Vater. „Er war für die galante, empfindsame Musik zuständig, er hat einen neuen Stil kreiert und war in aller Munde“, so Mayer. Während sein Vater – aus heutiger Sicht kaum zu glauben – schon auf dem sogenannten absteigenden Ast war.

Trotzdem werden heutzutage nur ganz wenig Stücke von CPE Bach gespielt. Von seinen etwa 50 Klavierkonzerten vielleicht gerade mal eine Handvoll und oft in Fassungen für Flöte oder Cello. Insofern sieht Mayer sich auch etwas als musikalischen Missionar oder Bewahrer: „Meine Aufgabe ist, diese Musik wieder in die Öffentlichkeit zu tragen und die Leute damit zu überraschen und zu begeistern, so nach dem Motto: guck mal, so fantastisch ist diese Musik!“

Oboist Abrecht Mayer
Foto: Matt Dine
Oboist Abrecht Mayer

Bach-Söhne lösten sich musikalisch vom Vater

Gab es denn nun mehr musikalische Gemeinsamkeiten zwischen den drei Bach-Generationen oder mehr Unterschiede? „Das ist die wichtigste Frage, das ist eine sehr gute Frage“, freut sich der Solo-Oboist der Berliner Philharmoniker, der seit Jahrzehnten auch Solo sehr erfolgreich unterwegs ist.

„Tatsächlich hätte ich vor der Recherche gedacht, dass ich auf ganz viele Analogien, auf ganz viele Gemeinsamkeiten, vielleicht auch ein gemeinsames Stil-Verständnis stoßen würde. Und das war dann das Erschreckende und Schockierende für mich - das ist überhaupt nicht der Fall! Schon die älteren Söhne haben sich sehr weit entfernt vom Vater, diese totale Lösung von diesem Übervater. Selbst Carl Philipp Emanuel schreibt über seinen Vater, dass dessen Melodien für ihn ganz seltsam waren“.

Wahrscheinlich, so vermutet Mayer, mussten sich alle Bach-Söhne musikalisch von ihrem Vater lösen, um so ihre Autarkie, ihre Selbstständigkeit zu unterstreichen. Und so wählten sie im Vergleich zu Johann Sebastian unterschiedliche Kompositions-Stile und -Ansätze.

Oboist Albrecht Mayer
Foto: Matt Dine
Oboist Albrecht Mayer

Bach eine Spaßbremse?

Unter Musikern ist das Gedankenspiel, mit welchem Komponisten man denn gerne Essen gehen oder feiern würde, sehr beliebt. Albrecht Mayer vermutet, dass das mit den Herren Beethoven oder Mozart auch gut funktionieren würde, aber mit Johann Sebastian Bach? Eher nicht. Denn Bach war ein Arbeitstier und insofern wäre er wohl eher eine „Spaßbremse“ gewesen, schmunzelt Mayer.

Seine Arbeit und seine Familie, also seine 20 Kinder, die seine zwei Frauen zur Welt brachten, haben ihn natürlich auch ziemlich unter Druck gesetzt, spekuliert Mayer. „Bach musste die ganze Zeit arbeiten und dieser gottesfürchtige Mann ist im Gegensatz zu vielen seiner Komponisten-Kollegen nur selten auf Reisen gegangen. Die große Frage ist: woher hat er bloß all seine Inspirationen genommen“, fragt Mayer. Und gibt gleich selbst die Antwort: „Er musste seinen Geist nicht mit vielen Dingen füttern, es kam einfach aus ihm selbst heraus. Und ich bin wieder fasziniert, wenn ich seine Musik hören oder spielen darf, wie sehr es mich berührt“.

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