Kritischer Trotzkopf und bescheidenes Genie

Joachim Raff zum 200. Geburtstag Kritischer Trotzkopf und bescheidenes Genie

Zu Lebzeiten war Joachim Raff so berühmt wie seine Zeitgenossen Richard Wagner und Franz Liszt. Für einige Jahre war er sogar der meistaufgeführte Symphoniker im deutschsprachigen Raum.

Kritischer Trotzkopf und bescheidenes GenieFoto: Joachim-Raff-Archiv

Vor 200 Jahren (am 27. Mai 1822) wurde der Komponist im schweizerischen Lachen am Zürichsee geboren. Grund genug, um uns ein bisschen näher mit ihm zu beschäftigen. Dazu haben wir den wohl größten Raff-Experten überhaupt befragt: Res Marty hat vor 50 Jahren die Raff-Gesellschaft gegründet, deren Präsident er heute ist. Und somit kennt er nicht nur die musikalische Seite, sondern weiß auch um die Besonderheiten von Raffs Persönlichkeit.

Eigenständig und eigensinnig

Joachim Raff war bescheiden und hochbegabt, konnte aber auch ein echter Trotzkopf sein und legte sich auch mal mit anderen Komponisten an. Mit Richard Wagner und Franz Liszt z.B. pflegte er einen durchaus kritischen Austausch; Felix Mendelssohn-Bartholdy dagegen war er zeitlebens dankbar, denn der hatte Raffs Karriere ins Rollen gebracht und ihm einen Musikverlag vermittelt.

Musikalisch stand Joachim Raff immer zwischen den Verfechtern der verschiedenen Stil- und Glaubensrichtungen. Er war weder Romantiker noch Traditionalist, klang trotzdem ein bisschen nach Wagner, nach Mendelssohn oder auch Brahms und schuf aus all diesen Einflüssen einen anspruchsvollen eigenen Klang.

Zeichnung von Joachim Raff
Foto: Carlo Stuppia_Joachim-Raff-Archiv

Ambivalente Beziehungen

Zu einigen seiner Komponisten-Kollegen hatte Joachim Raff ein durchaus ambivalentes Verhältnis. Franz Liszt etwa bewunderte Raff sehr und so war seine Freude groß, als er mit Liszt als dessen Assistent zusammenarbeiten konnte.  Mit den Jahren aber emanzipierte sich Raff immer mehr von seinem einstigen Idol und wurde bald zum eigenständigen und zu Lebzeiten oft gefeierten Komponisten. Und über Richard Wagner veröffentlichte Raff ein Buch, in dem er mit seiner Kritik an seinem Kollegen nicht zurückhielt und das Wagner wiederum zu einigen verbalen Repliken animierte. Die Hintergründe dazu erzählt Res Marty in unserem Gespräch.

Das gesamte Interview mit dem Raff-Experten Res Marty

Vor 50 Jahren hat Res Marty die Raff-Gesellschaft gegründet, um die Musik des Komponisten bekannter zu machen – was ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen bestens gelungen ist. Nicht nur in Raffs Geburtsort Lachen am Zürchichsee wird in diesem Jahr gefeiert – an vielen Wirkungsstätten des Komponisten stehen im Jubiläumsjahr seine Werke auf dem Programm, bei insgesamt etwa 40 Konzerten, u.a. in Wiesbaden und Weimar.

Ausstellung über Raff

Dazu gibt es in Raffs Geburtsort bis zum 5.Juni eine Ausstellung mit dem Titel „Unterwegs mit Joachim Raff im Alpenraum“. Raff war mit 23 Jahren aus der Schweiz nach Deutschland gegangen und kehrte erst viele Jahre wieder zurück, um mit seiner Frau dann vor allem die touristischen Hot Spots zu besuchen. Diese Stationen werden in der Ausstellung nachgezeichnet.

6211 Minuten würde es dauern, sich einmal durch Raffs Werk zu hören, das hat die Raff-Gesellschaft mal ausgerechnet. Welche Werke sich zum Einstieg eignen, das lässt sich ebenfalls in unserem Gespräch mit Res Marty nachhören – und am 27. Mai bei uns im Programm.

(27.05.2022 / F.Schmidt)

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