Das Naked String Quartet bricht die Konventionen des klassischen Konzerts und begeistert mit seiner ganz eigenen Interpretation von klassischer Musik. Bratschistin Shasta Ellenbogen hat uns verraten, was genau hinter dem Ensemble steckt.
Seit Sommer 2024 begeistert das Naked String Quartet im Berliner KitKat Club, einem Ort bekannt für seine freizügige Atmosphäre, mit einer außergewöhnlichen Darbietung klassischer Musik. Die vier Musikerinnen entledigen sich dabei nicht nur ihrer Kleidung, sondern brechen auch mit musikalischen Konventionen. Inmitten des lebendigen Ambientes des Clubs schaffen sie ein sinnliches Erlebnis, das klassische Musik in einem völlig neuen Kontext präsentiert.
Wir haben mit der Bratschistin Shasta Ellenbogen gesprochen, um einen tieferen Einblick in die außergewöhnlichen Konzerte im KitKat Club zu erhalten.
Klassik Radio: Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem KitKat Club?
Shasta Ellenbogen: Für sieben Jahre habe ich in Berlin eine Konzertreihe namens Classical Sundays geleitet. Unsere Idee war es, klassische Musik an ungewöhnlichen Orten zu präsentieren – und zwar auf eine ganz besondere Weise: Wir spielten immer vom Blatt, ohne vorher zu proben. Diese Herangehensweise sollte dazu dienen, neue Menschen für klassische Musik zu begeistern – und das hat erstaunlich gut funktioniert. Besonders das Publikum, das normalerweise keine klassische Musik hört, war fasziniert.
Was sie wirklich zu schätzen wussten, war die Ehrlichkeit und Unmittelbarkeit, die unser Konzept vermittelte. Sie fanden es schön zu sehen, dass es uns manchmal schwerfiel, dass wir nicht immer perfekt waren. Diese Transparenz und Menschlichkeit waren etwas, das das Publikum sehr ansprechend fand. Es war ein Moment der Verbindung, in dem die Zuhörer spürten, dass wir echte Menschen auf der Bühne waren und keine unnahbaren Perfektionisten.
Bei einem unserer Konzerte war die Managerin des KitKat Clubs anwesend und zeigte sich so begeistert, dass sie uns für ihre Sonntagnachmittag-Events eingeladen hat. Diese Events finden nach einem langen Samstagabend statt und wir spielen dann für ein Publikum, das entspannt dabei brunched.
Aber irgendwann habe ich mir die Frage gestellt: Warum nur Sonntagnachmittag? Warum nicht auch während der Clubnächte? Also beschloss ich, die Clubleiterin zu kontaktieren. Alle sagten mir, dass es unmöglich sei, sie zu erreichen, sie sei viel zu beschäftigt. Aber nach drei Tagen bekam ich doch tatsächlich ein Treffen mit ihr. Und so nahm die Geschichte ihren Lauf…
Klassik Radio: Wie haben Sie entschieden, welche Musik zu den Clubnächten passt?
Shasta Ellenbogen: Wir haben uns gefragt- Was für Musik würde in den Club passen? Die Stimmung im KitKat Club ist bunt und lebendig, mit einem Hauch von Drag und einem lockeren Flair. Die Atmosphäre dort ist leicht und entspannt. In unserer Musik spielen wir oft Werke von Felix Mendelssohn, Franz Schubert, Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven und ergänzen das gerne mit der Musik von Johann Strauß – eine Mischung aus Klassik, die gleichzeitig frisch und zugänglich ist.
Klassik Radio: Sind Sie lieber nackt oder angezogen auf der Bühne?
Shasta Ellenbogen: Eigentlich ist mir das egal – ich spüre keinen Unterschied. Für mich fühlt es sich auf der Bühne immer gleich an, fast wie nackt, ganz offen und verletzlich. Natürlich ist das nicht bei jedem Musiker so. Manche spüren einen deutlichen Unterschied, während andere, wie ich, das gar nicht so wahrnehmen.
Klassik Radio: Wie kann man sich das Publikum vorstellen?
Shasta Ellenbogen: Einige der Gäste sind ebenfalls in auffälligen Outfits, wie schwarzen Leder- oder Latexkostümen – also wir sind nicht die einzigen, die sich auf der Bühne freizügig zeigen. Es gibt schon eine feste Gruppe von Stammgästen, die regelmäßig zu unseren Konzerten kommen. Aber ich würde sagen, etwa die Hälfte der Besucher sind einfach zufällig da und hören interessiert zu, während die andere Hälfte gezielt zu uns kommt.