Eine Oper als Serie, konzipiert für Instagram und YouTube – mit Orchester, professionellem Cast und dem vollen Drama: Das Projekt Opera Seria will nicht weniger, als Oper endlich zeitgemäß für das 21. Jahrhundert zu produzieren. Zwei junge Gründerinnen aus Wien zeigen, wie das geht – ohne Budget, aber mit ganz viel Leidenschaft.
Oper ist elitär, altmodisch, schwer zugänglich? Nicht bei Opera Seria! Das Herzensprojekt der beiden Gründerinnen Constanze Gepart und Johanna Würth macht Ernst mit der Forderung, neues Publikum für die Oper zu gewinnen – und zwar dort, wo es sich täglich aufhält: auf Instagram und YouTube. Am 17. Juni 2025 geht die Oper Wozzeck von Alban Berg in Serie – als Musiktheater fürs Smartphone. „Wir produzieren eine Oper als Serie für Instagram, mit allem, was dazugehört: Orchester, Cast, Kostüme, Werkeinführungen“, sagt Constanze Gepart im Interview. „Unsere Premiere ist am 17. Juni. Ich bin schon ziemlich aufgeregt.“
Die Idee entstand in einer Lehrveranstaltung in der Uni – als „Hirngespinst“, wie Johanna Würth weitererzählt. Heute, nach drei Jahren mit viel Arbeit, ist daraus ein ambitioniertes Projekt geworden, an dem rund 40 junge Leute mitarbeiten: Ein ehrenamtliches Team aus Studierenden und Berufseinsteigern, das sich vollständig selbst organisiert und dabei aber immer professionellen Anspruch hat. „Ich glaube, dass wir mit diesem Projekt auch einige Klischees entkräften können. Nicht nur, dass Oper gerne von jungen Leuten angeschaut wird, sondern dass sie auch von jungen Leuten gemacht wird.“, erklärt Würth.
Die Struktur von Opera Seria folgt der Logik des Scrollens: Kurze Episoden, klare Bildsprache, Musik und Video eng verzahnt. Der Stoff der ersten Produktion: Alban Bergs Oper Wozzeck, aufgeteilt in 15 Episoden à 5–10 Minuten, ideal abgestimmt auf Social Media. „Wozzeck ist perfekt für unser Format. Die Oper ist relativ kurz und besteht ohnehin aus 15 Szenen, die wir eins zu eins als Episoden umsetzen können“, sagt Gepart. „Thematisch ist sie aktueller denn je: Femizid, Ehebruch, Moral. Das sind alles brandaktuelle Themen.“ Die ersten Minuten jeder Folge werden auf Instagram veröffentlicht, die vollständigen Episoden auf YouTube. Auf Instagram gibt es dazu ein umfassendes Rahmenprogramm: Werkeinführungen, Making-ofs, Behind the Scenes, Gespräche und Hintergrundinfos. „Instagram ist unsere virtuelle Bühne“, so Würth. „Aber YouTube ist der Ort, wo man sich die ganze Oper in voller Länge anschauen kann.“
Finanziert wird das Projekt bislang nicht – Opera Seria ist ein Prototyp. Personelle Unterstützung, Räume, Technik, Aufnahmeorte: alles organisiert über persönliche Netzwerke, Unipartnerschaften und viel Überzeugungsarbeit. „Alle, die bei uns mitarbeiten, werden nicht bezahlt, sondern machen das aus eigener Motivation heraus. Wir haben wirklich probiert, diesen Maßstab non budget überall durchzusetzen und auch keine Räume oder Equipment zu bezahlen. Das Tonstudio zum Beispiel, wo wir die Musik mit einem eigens für das Projekt gecasteten Orchester und einer eigens für Opera Seria erstellten Orchesterfassung (von Tobias Treitner, junger musikalischer Leiter) produziert haben, haben wir von der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien zur Verfügung gestellt bekommen. Die Drehlocations sind teilweise einfach private Orte von uns“, erzählt Würth. Trotz der Improvisation ist das Ergebnis professionell – auch, weil das Team eine klare Vision hat und niemand einfach „irgendwie mitmacht“. Und weil die Musik selbst immer im Zentrum bleibt. „Uns war wichtig, dass Musik und Bild gleichberechtigt sind“, sagt Gepart. „Deshalb ist der Schnitt besonders aufwendig. Wir arbeiten da sehr genau – es soll kein einfacher Opern-Clip sein, sondern ein echtes intermediales Kunstwerk.“
Opera Seria ist mehr als ein Studienprojekt. Es ist der Versuch, ein neues Format für das Musiktheater zu etablieren. Und vielleicht auch ein Sprungbrett. „Unser Traum ist, dass daraus beruflich etwas entsteht – für uns, aber auch für alle Mitwirkenden“, sagt Gepart. „Und natürlich träumen wir von einer zweiten Produktion – mit Finanzierung.“ Noch steht Wozzeck im Zentrum. Akt zwei wird bereits geprobt, der Tontermin ist in zwei Monaten. Aber die Vision reicht weiter: Oper, die zugänglich, ästhetisch stark und zeitgemäß erzählt ist. Nicht als Kompromiss, sondern als originäres Format. „Wir bringen große Oper zu den Leuten ins Wohnzimmer, in die Straßenbahn, quasi überall hin“, sagt Johanna Würth. Oder wie Constanze Gepart es formuliert: „Wir machen das, weil ein intermediales Serienformat dem Genre Oper ganz neue Möglichkeiten eröffnet.“
Die besten Opern können Sie jederzeit in unserem Klassik Radio Select Sender "Best of Oper" nachhören: