Oper ohne Shorts: Mailänder Scala verschärft Kleiderordnung

Oper ohne Shorts: Mailänder Scala verschärft Kleiderordnung

Die Mailänder Scala spricht Klartext: Shorts, Flip-Flops & Tank-Tops sind ab sofort am Operneingang nicht mehr willkommen – das alles, um dem Theateranstandsgefühl gerecht zu werden. Das führt zu einer Frage: Wie viel Reglement steckt in der Oper – und ab wann wird’s absurd?

Oper ohne Shorts: Mailänder Scala verschärft KleiderordnungFoto: generated with AI

Die Mailänder Scala hat im Sommer 2025 eine neue Kleiderordnung eingeführt – und sorgt damit international für Diskussionen. Shorts, Flip-Flops und ärmellose Shirts sind ab sofort unerwünscht. Wer in „unangemessener Kleidung“ auftaucht, wird am Einlass abgewiesen – ohne Rückerstattung des Tickets. Damit reagiert das Traditionshaus auf eine Entwicklung, die vielen Stammgästen schon länger ein Dorn im Auge ist: Immer mehr Touristen erscheinen in legerer Freizeitkleidung, oft direkt aus dem Sightseeing-Programm kommend.

Für viele ein Stilbruch – für die Scala eine Frage des Respekts gegenüber der Kunstform Oper. „Es ist nicht richtig, den Menschen vorzuschreiben, wie sie sich kleiden sollen, aber sie müssen angezogen sein“, zitiert The Guardian den Sprecher der Scala. Wer in Sommerkleidung erscheint, wird konsequent abgewiesen – und auch höfliches Bitten helfe nicht. Die Scala verweist auf das Theater-Etikettegefühl, das man wieder stärken wolle.

Etikette im Weltvergleich

  • Odessa Opera: Shorts, ärmellose Shirts, Flip-Flops und sportliche Kleidung sind ausdrücklich verboten – unerwünschte Outfits führen zum Einlassverbot (und Ticketverfall)
  • Venedig (La Fenice): Für Eröffnungs- und Gala‑Abende wird elegante Kleidung empfohlen, bei regulären Vorstellungen reicht „smart casual“. Shorts und ärmellose Tops sind jedoch verboten (Einlassverweigerung ohne Rückerstattung)
  • Wiener Staatsoper: Kein offizieller Dresscode, aber unvollständige Kleidung wie Flip-Flops, sehr kurze Shorts oder Unterhemden kann zum Einlassverbot führen
  • Royal Opera House, London: Keine formelle Kleiderordnung – es wird empfohlen, „fully clothed“ und mit bedeckten Füßen zu erscheinen. Flip-Flops sind tabu.

Die internationale Szene zeigt also ein gemischtes Bild: Während osteuropäische Häuser auf strenge Regeln pochen, setzen viele westeuropäische und amerikanische Bühnen auf Eigenverantwortung – und signalisieren: Entscheidend ist nicht der Stoff, sondern der Respekt.



Gleichzeitig wirft der neue Dresscode auch Fragen auf: Wo liegt die Grenze? Wenn Shorts nicht mehr gehen – was ist mit Jeans, Sneakern oder sportlichen Blazern? Und wer entscheidet eigentlich, was als „angemessen“ gilt? Denkbar wäre eine Staffelung: Logenplätze nur noch mit Abendkleid oder Smoking, Parkett in Hemd und Stoffhose, Galerie casual, Stehplätze mit Sneakers erlaubt.

Auch andere absurde Szenarien drängen sich auf: Ein Stoffverbot gegen Jeans? Ein Duftlimit im Zuschauerraum? Oder ein Gesprächsverbot vor Beginn mit Lautstärkemessung?

Der Dresscode der Scala mag gut gemeint sein – aber er wirft grundsätzliche Fragen auf. Oper ist ein Gesamterlebnis aus Musik, Bühne und Atmosphäre. Und ja, für die meisten gehört auch ein gewisser Stil dazu. Doch ob sich Eleganz erzwingen lässt – oder ob man damit eher Gäste ausschließt, bleibt umstritten. In jedem Fall zeigt die Debatte: Die Oper ist immer wieder für hitzige Diskussionen gut.

Holger Hermannsen / 10.07.2025

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