Der weltberühmte japanische Dirigent Seiji Ozawa ist im Alter von 88 Jahren in seinem Haus in Tokio an Herzversagen gestorben, wie sein Management mitteilte.
Der gefeierte Maestro war für seine engen Beziehungen zu mehreren amerikanischen Sinfonieorchestern bekannt - insbesondere zum Boston Symphonie Orchester, wo er von 1973 bis 2002 als Musikdirektor tätig war. 29 Jahre war Ozawa nunmehr in dieser Position, wodurch er den am längsten amtierenden Musikdirektor in der fast 150-jährigen Geschichte des Orchesters darstellt.
Der am 1. September 1935 im japanisch besetzten Mukden geborene Ozawa ließ sich zunächst zum Pianisten ausbilden und hatte eine besondere Vorliebe für die Musik von J.S. Bach. Nach seinem Abschluss im Jahr 1950 wurden Ozawas Träume, Konzertpianist zu werden, jedoch jäh unterbrochen, als er sich bei einem Rugbyspiel zwei Finger brach. Da er nicht mehr spielen konnte, nahm sein Lehrer den entmutigten Ozawa mit zu einer Aufführung von Beethovens "Kaiser"-Klavierkonzert. Diese Erfahrung erwies sich als wegweisend und mobilisierte Ozawa dazu, ein Dirigent von Weltrang zu werden.
Eine Reihe prestigeträchtiger Wettbewerbe, darunter der erste Preis beim Internationalen Wettbewerb für Orchesterdirigenten und der Koussevitzky-Preis von Tanglewood, brachten Ozawa größere Aufmerksamkeit. Nach seinem Studium bei Charles Münch in Tanglewood zog Ozawa nach West-Berlin, um als Stipendiat bei Herbert von Karajan zu studieren. Dort wurde er von Leonard Bernstein entdeckt, der ihn prompt zum Assistenzdirigenten der New Yorker Philharmoniker ernannte. Seiji Ozawa ist der einzige Dirigent, der sowohl von Karajan als auch von Bernstein unterrichtet wurde und damit ein großes musikalisches Erbe antrat.
Sein großer Moment im Rampenlicht folgte schließlich 1973, als er Musikdirektor des Boston Symphonie Orchesters wurde. Seine Arbeit mit dem Boston Symphonie Orchester brachte ihm zwei Emmy Awards ein, den ersten 1976 für eine im Fernsehen übertragene Konzertreihe und den zweiten 1994 für "Individual Achievement in Cultural Programming". Im selben Jahr, in dem er den zweiten Emmy erhielt, ehrte das Boston Symphonie Orchester seinen Dirigenten, indem es ihm zu Ehren einen Konzertsaal einweihte. Die Seiji Ozawa Hall war die 20. Saison des Dirigenten mit dem Orchester.
Nach seinem Rücktritt als Musikdirektor des BSO im Jahr 2002 blieb Ozawa der Organisation eng verbunden und wirkte weiterhin als Lehrer und Administrator in Tanglewood mit. Später wurde er Chefdirigent der Wiener Staatsoper und dirigierte 2002 das berühmte Neujahrskonzert der Stadt. Eine Krankheit zwang Ozawa 2006 dazu, sich vom Wiener Dirigentenamt zurückzuziehen, aber er kehrte 2007 zurück und blieb bis 2010 im Amt.
Mit Seiji Ozawa verliert Japan seinen berühmtesten Dirigenten - und die Klassik-Welt eine große Persönlichkeit.
Wie Seiji Ozawa zu seinem Spitznamen - der "Hunderttausend Volt Dirigent" - gelante, erfahren Sie hier.