Mit dem Fahrrad zur Probe, Bäume pflanzen bei Fernreisen, Tablets statt Noten - das Stuttgarter Kammerorchester wird zum Vorreiter.
Seit 77 Jahren ist das Stuttgarter Kammerorchester ein wichtiger musikalischer Botschafter Deutschlands und gibt 80-100 Konzerte pro Jahr. Darunter sind viele Gastspiele, viele Konzerte im Ausland, u.a. meistens zwei Interkontinental-Reisen. Seit dem Jahr 2022 aber ist einiges anders in Stuttgart, denn das Orchester ist das erste klimaneutrale Orchester Deutschlands.
Der Auslöser für diesen großen Schritt war, als das Orchester vor einem Jahr angefragt wurde, auf einer Kreuzfahrt zu spielen. Die Anfrage führte zu großen Diskussionen unter den Musikern und Musikerinnen des Kammerorchesters – und zu einem radikalen Umdenken. Ein großer und bemerkenswerter Schritt, der natürlich von allen Musikerinnen und Musikern die Bereitschaft erfordert, gelernte Angewohnheiten zu verändern.
Markus Korselt, der Intendant des Stuttgarter Kammerorchesters, hat uns erzählt, wie das umgesetzt wird. Für die Musikerinnen und Musiker heißt es von nun an: mit dem Rad zur Probe, da transportiert beispielsweise die Cellistin ihr Cello im Lastenrad, statt Diesel-Dienstwagen gibt es Hybridfahrzeuge und fürs Publikum inkludierte Tickets für Bus und Bahn.
Das Motto des Orchesters ist: Vermeiden vor Reduzieren vor Kompensieren. Das heißt: was sich nicht einsparen lässt, z.B. Flugfernreisen nach Asien, will das Orchester kompensieren und spendet deswegen für ein Projekt zur Aufforstung in Uruguay oder pflanzt mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Baden-Württemberg bis zum Jahr 2024 insgesamt 1260 Bäume.
Außerdem verzichtet das Stuttgarter Kammerorchester als erstes Berufsorchester in Deutschland auf Notenstapel und liest seine Stücke vom Tablet ab. „Der Einsatz von Tablets ermöglicht uns nicht nur jederzeit den Zugriff auf die gesamte Notenbibliothek“, sagt der Geschäftsführende und Künstlerische Intendant Markus Korselt. „Auch die Handhabung wird einfacher, denn man muss nicht mehr per Hand umblättern, sondern lediglich mit dem Fußpedal.“
Es werden nicht mehr Tausende Kopien benötigt und auch der Versand der Noten entfällt. Außerdem wird die Probenarbeit leichter, weil Tempo- oder auch Lautstärke-Angaben mit dem Eingabestift beliebig oft geändert und in Echtzeit auf Tablets anderer Musiker übertragen werden könnten.