Beim Stichwort Doku denkt man häufig an komplizierte Sachverhalte oder trocken präsentierte Wissensvermittlung.
Das aber trifft im Fall der Doku „Verplant“ gar nicht zu, ganz im Gegenteil: Reiserad-Doku ist sehr unterhaltsam geworden.
Otti und Keule sind untrainiert, aber extrem motiviert und leicht größenwahnsinnig. Denn sie planen eine Radtour auf der Route der alten Seidenstraße – von Heiligenstadt bis nach Vietnam.
Diese beiden leicht verplanten, aber durch viel Lebensfreude gesegneten Männer zeigen, dass eine Weltreise mit dem Rad auch ganz ohne akribische Vorbereitung und gestählte Muskeln funktioniert. Auch wenn natürlich bei weitem nicht alles glatt läuft. In den 10 Monaten ihrer Tour bezwingen sie Wüsten und Berge und müssen auf 3.000 Metern Höhe bei -30°C aufs Außen-Plumpsklo. Diverse Fahrrad- und sonstige Pannen später kommen sie trotz aller Widrigkeiten nach 13.000 Kilometern im Sattel in Saigon an, glücklich, und mittlerweile ziemlich fit.
„Verplant – Wie zwei Typen versuchen, mit dem Rad nach Vietnam zu fahren“ ist ein sympathischer und unterhaltsamer Film über zwei ganz normale Typen, die sich mit viel Galgenhumor und einer wunderbar selbstironischen Art nicht aus der Ruhe bringen lassen. Die Radreise-Doku gibt es am 13.5. als zeitlich befristete Online-Premiere. Der Film steht dann 48 Stunden online zur Verfügung. Danach läuft er exklusiv im Kino. Als Premiere am 22.5 in Lübeck, wo die Kinos dann als Modellregion öffnen dürfen, weitere Kinos und Open Airs folgen bundesweit. Und für wen das jetzt ein paar Infos zu viel und zu schnell waren – der schaut hier nochmal in Ruhe nach.
Geht Ihnen das manchmal auch so? Mit dem unfassbar großen Angebot an Streamingmöglichkeiten hat man inzwischen oft die Qual der Wahl. Man weiß bei dem großen Angebot oft gar nicht, was man nun eigentlich sehen soll. Und dadurch entgeht einem ab und zu was. So wie mit im Fall dieses Films, denn den gibt es schon seit über zwei Monaten bei Netflix. Aber wie heißt es so schön: besser spät als nie. Denn „I Care A Lot“ ist eine sehr unterhaltsame, äußert schwarze und überspitze Satire über den realen Horror der Altenpflege.
Der Film lohnt sich schon wegen Rosamund Pike in der Hauptrolle. Sie spielt eine kaltschnäuzige Geschäftsfrau, die hilflose Rentner ausnimmt. Und das macht sie so aalglatt, überheblich und skrupellos, dass man sich schon nach wenigen Minuten wünscht, dass sie mit dieser fiesen Nummer nicht durchkommt. Und tatsächlich hat ihr neustes Opfer scheinbar Beziehungen zu recht ungemütlichen Zeitgenossen…
„I Care A Lot“ ist herrlich überzeichnet, bietet haufenweise aberwitzige Handlungswendungen, ist amüsant, spannend, bitterböse und durchweg großartig besetzt, mit dem „Game of Thrones“-Star Peter Dinklage und Rosamund Pike, die für ihre kaltschnäuzige Performance Anfang des Jahres zu Recht mit einem Golden Globe ausgezeichnet wurde.
Apropos: Preise. „Dein Wille geschehe“ wurde im Jahr 2012 bei einem Festival als beste französische Serie des Jahres ausgezeichnet. Die Geschichte spielt in einem Pariser Kapuzinerkloster und kreist um das Leben, Lieben und Leiden von fünf jungen Männern auf dem Weg zum Priesteramt.
Ihre Motive Priester zu werden sind so vielschichtig wie ihre Charaktere. Da ist der naive Yann, Leiter einer Pfadfindergruppe in einem kleinen französischen Dorf, der vor allem durch sein Gitarrenspiel und seine glockenhelle Stimme auffällt. Der farbige Emmanuel, der sich nach einer schweren Depression selbst aus der Klinik entlässt. Guillaume, der sich rührend um seine kleine Schwester und seine depressive, alkoholkranke Mutter kümmert. Raphael, der nicht seiner Mutter, sondern der Firma seines Vaters entfliehen möchte. Und José, ein Ex-Knacki, ein Mörder, der nach acht Jahren aus dem Gefängnis kommt.
„Dein Wille geschehe“ ist viel mehr als nur eine Kirchenserie. Denn wir schauen nicht nur hinter die Klostermauern, sondern begleiten die fünf jungen Männer in ihre Elternhäuser und zu ihren Freunden, wenn sie mit dem Zölibat hadern, ihre alten Lieben vermissen, neue entdecken oder ganz persönliche Probleme meistern müssen. Bis Mitte Juni sind alle drei Staffeln in der ARTE Mediathek verfügbar.
„Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution“ erzählt die wahre Geschichte der Leipziger Umweltgruppen und der Pleiße-Gedenkmärsche oder um es etwas pathetischer zu formulieren, wie eine Gruppe junger Leipziger die Rebellion in der DDR wagte.
Leider trägt der Film etwas zu dick auf: die Umweltaktivisten sind nicht nur jung, sondern auch besonders schön, ausgelassen und verliebt, sie tanzen und singen und das vor herrlicher Abendsonne. Und der Stasi-Offizier grimassiert besonders fies und verschlagen. Aber abgesehen von den Klischees und der Vorhersehbarkeit, schafft es der Film tatsächlich, den Schwung und die Leichtigkeit des Aufbruchs und die Energie der jungen Leipziger einzufangen. Außerdem sollten wir uns die Namen der beiden erfrischenden Hauptdarsteller merken: Janina Fautz und Ferdinand Lehmann. „Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution“ – ein nostalgischer Blick auf eine aufregende Zeit der deutsch-deutschen Geschichte. Zu sehen in der ARD Mediathek.
So einen Film haben Sie garantiert noch nie gesehen! Er ist fast 14 Stunden lang, inklusive eines 40-minütigen Abspanns, und hatte eine Entstehungszeit von neun Jahren!
In sechs Episoden bzw. acht Akten zollt der argentinische Regisseur Mariano Llinás den unterschiedlichsten Genres Tribut – zum Beispiel dem B-Movie, dem Spionagefilm, dem Musical oder dem französischen Kino in der Manier von Jean Renoir. Herausgekommen ist dabei ein ungewöhnliches Monumentalwerk, das seit seiner Premiere in Locarno 2018 eine ganze Zeit lang die Feuilletons füllte und nun endlich für Filmfans und Nischennerds frei verfügbar ist. Ich hab „La Flor“ noch nicht gesehen; zum Glück aber haben wir alle bis Ende September Zeit für dieses ungewöhnliche Monumentalwerk, das in drei langen Teilen in der ARTE Mediathek zu sehen ist.
Nicht ganz so lang, aber immerhin auch 480 Minuten Zeit muss man einplanen für die Dokureihe „The Movies – Die Geschichte Hollywoods“, die in zwölf 40-minütigen Folgen die Geschichte des amerikanischen Films beleuchtet. Die von CNN produzierte Doku-Serie beginnt mit dem ersten Tonfilm der Filmgeschichte, mit 'The Jazz Singer' und arbeitet sich dann ein knappes Jahrhundert lang vom goldenen Zeitalter Hollywoods bis zur heutigen Mega-Milliarden-Entertainment-Branche.
Hollywood-Legenden wie Steven Spielberg, Martin Scorsese, Julia Roberts, Mit-Produzent Tom Hanks und viele andere Superstars erklären, welche Filme und Stars jeder Dekade welchen Einfluss auf die entsprechende Weiterentwicklung von Storytelling, Technik und Genre hatten. Das ist sehr interessant, äußerst aufwendig und bietet unfassbar viel Stoff zum erstmaligen oder erneuten Gucken vieler, vieler Klassiker.
Der einzige Wermutstropfen: Filme außerhalb von Hollywood fehlen komplett, also Regisseure wie Kuroswa, Fellini, Bergman oder Godard. Aber das gäbe ja auch genug Stoff für eine neue Reihe, insofern kann man vielleicht hoffen - und bis dahin ausgiebig Hollywood’sches Filmstudium betreiben.
Alle Folgen von „The Movies – Die Geschichte Hollywoods“ gibt es - ebenfalls ein halbes Jahr lang – in der ARD Mediathek, sowohl in der englischen CNN-Originalversion als auch mit deutscher Over-Voice-Synchronisation.
Zum Schluss noch zwei Empfehlungen aus der Welt des Balletts. Beginnen wir mit dem schwedisch-georgischen Spielfilm "Als wir tanzten", der als schwedischer Beitrag für die Oscar-Kategorie "Bester internationaler Film" vorgeschlagen wurde. Er erzählt von zwei Tänzern des Georgischen Nationalballetts in Tiflis, die von Konkurrenten zu heimlich Liebenden werden.
„Als wir tanzten“ ist ein mitreißendes Liebes- und Tanzdrama, das mittlerweile schon mehr als zwei Dutzend Auszeichnungen auf diversen Filmfestivals abgeräumt hat und am 17.5. im Rahmen des Festivals „Nordischer Klang“ gestreamt werden kann, kostenlos, im Original mit deutschen Untertiteln.
Regisseurin Sofia Coppola, bekannt geworden durch ihren wunderbaren Film „Lost in Translation“, hat einen 24-minütigen Film für das New York City Ballet gedreht. In wunderschönen und poetischen Bildern, größtenteils in Schwarz-weiß, schließlich in euphorische Farbe wechselnd, zeigt sie die Tänzerinnen und Tänzer der Kompagnie.
"Die Herausforderung für mich bestand darin, das Gefühl zu vermitteln, Live-Tanz zu sehen", sagte Coppola der New York Times. „Ich musste die Kamera viel mehr bewegen, als ich es gewohnt bin, und versuchen, das Gefühl zu vermitteln, eine Live-Performance aus verschiedenen Blickwinkeln zu erleben.“ Was ihr ziemlich gut gelungen ist. Ihr Film für das New York City Bellet ist noch bis zum 20. Mai auf YouTube zu sehen.