Igor Stravinsky

KomponistIgor Stravinsky

Er schrieb Musik, die Menschen in Aufstand versetzen konnte, wechselte die Stile so oft wie seine Wohnorte – und wurde zu einem der einflussreichsten Komponisten des 20. Jahrhunderts: Igor Stravinsky war ein musikalisches Chamäleon mit einem Hang zur Provokation.

Igor StravinskyFoto: Gemeinfrei

Akt I: Später Beginn in Russland

Geboren 1882 in Oranienbaum bei Sankt Petersburg, hätte Igor Fjodorowitsch Strawinski, wie er ursprünglich hieß, eigentlich gar kein Komponist werden sollen. Der Vater, ein berühmter Opernsänger, schickte den Sohn zum Jurastudium. Musik blieb zunächst eine private Leidenschaft – bis er in Nikolai Rimski-Korsakow einen Mentor fand, der sein Talent erkannte und förderte.

Stravinsky war ein Spätzünder – seine erste bedeutende Komposition schrieb er mit fast 30 Jahren. Aber als der Durchbruch kam, war er umso spektakulärer.

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Akt II: Skandal-Ballett in Paris

Paris, 1913. In der eleganten Welt der Pariser Theater war man Provokation zwar gewohnt – doch was an diesem Abend im Théâtre des Champs-Élysées geschah, war beispiellos. „Le Sacre du Printemps“, das „Frühlingsopfer“, feierte Premiere – ein Ballett über heidnische Rituale und Opferzeremonien. Stravinskys Musik dazu war wild, rhythmisch zerrissen, roh. Die Zuschauer waren schockiert.

Was folgte, war ein handfester Skandal: Buhrufe, Tumulte, Handgreiflichkeiten – die Polizei musste eingreifen. Stravinsky selbst flüchtete noch während der Aufführung hinter die Bühne – er dachte, das Publikum wolle ihn verprügeln. Der Abend ging in die Musikgeschichte ein. Heute gilt das Stück als Meilenstein der Moderne, doch damals war es ein Donnerschlag, der die Musikwelt spaltete.

Gemälde von Igor Stravinsky
Foto: Jacques-Émile Blanche / Gemeinfrei
Der junge Igor Stravinsky auf einem Gemälde von Jacques-Émile Blanche (1915)

Akt III: Auf der Flucht – und stets im Wandel

Der Erste Weltkrieg trieb Stravinsky ins Exil. Über die Schweiz führte ihn sein Weg nach Frankreich, später in die USA. Sein Leben glich einem ständigen Neuanfang – nicht nur geografisch, sondern auch musikalisch.

Kaum ein Komponist hat sich stilistisch so oft häuten können wie Stravinsky. Nach der wilden Frühphase kam die „neoklassizistische“ Zeit: Klarere Formen, Orientierung an Mozart und Bach, aber mit modernem Tonfall. Werke wie „Pulcinella“ oder die „Sinfonie in C“ zeigen diese überraschende Wendung.

Und dann, mit über 70 Jahren, der nächste Bruch: Stravinsky entdeckt die Zwölftontechnik von Arnold Schönberg – eine Methode, bei der keine Tonhöhe gegenüber einer anderen bevorzugt wird. Für einen Komponisten, der einst für rhythmische Explosionen bekannt war, war das ein radikaler Schritt.

Igor Stravinsky und Mstislav Rostropovich (September 1962)
Foto: RIA Novosti archive / Mikhail Ozerskiy / CC-BY-SA 3.0
Igor Stravinsky (rechts) und der russische Cellist Mstislav Rostropovich

Akt IV: Der Maestro als Medienprofi

In Amerika wurde Stravinsky nicht nur zum gefragten Komponisten, sondern auch zum Popstar der klassischen Musik. Mit seiner markanten Brille, dem scharfen Anzug und dem trockenen Humor war er ein Medienliebling.

Zu viele Musikstücke enden zu lange nach ihrem Ende.

Igor Stravinsky

Er dirigierte eigene Werke, nahm Schallplatten auf und tourte bis ins hohe Alter. Als der Jazz aufkam, war er begeistert – und ließ sich inspirieren. Später bewunderte er sogar Charlie Parker und Thelonious Monk. 1962 wurde er gar ins Weiße Haus eingeladen – von Präsident John F. Kennedy persönlich.

Epilog: Der letzte Takt

1971 starb Stravinsky in New York – und wurde, seinem Wunsch entsprechend, in Venedig beigesetzt, ganz in der Nähe seines alten Freundes Sergej Diaghilew, dem legendären Ballettimpresario. Die beiden hatten mit Werken wie „Feuervogel“, „Petruschka“ und dem berüchtigten „Sacre“ das Musiktheater revolutioniert.

Stravinskys musikalisches Erbe ist riesig – von der Filmindustrie bis zur Avantgarde berufen sich zahllose Künstler auf ihn. Und sein Leben ist bis fasziniert uns bis heute. Denn eines können wir alle von dem großen Komponisten lernen: dass man nur dann wirklich modern bleibt, wenn man bereit ist, sich ständig neu zu erfinden.

Holger Hermannsen / 17.06.2025

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