Mit dem Smartphone in die Oper? Unbedingt!

App "Share your opera" & "Wolfgang"Mit dem Smartphone in die Oper? Unbedingt!

Normalerweise schaltet man sein Handy ja lautlos oder sogar in den Flugmodus, wenn man in die Oper geht. In Wuppertal und München läuft das anders!

Mit dem Smartphone in die Oper? Unbedingt!

Benefit statt Störfaktor

Denn dort heißt es: Smartphone an! Zumindest wenn man die App "Share your opera" benutzt. Denn die liefert während der Vorstellung Infos zu Handlungssträngen und Hintergründen. "Diese werden meist an Wendepunkten der Geschichte eingeblendet, z.B. um bei auftretenden Personen zu erklären, wer da kommt und was die Person will oder es werden die Inhalte von Szenen, Arien und Ensembles kurz an deren Beginn zusammengefasst", erklärt Berthold Schneider, Opernintendant Wuppertal und Initiator des Projekts.

Erstaunlich: die App wird gar nicht vorrangig von jüngeren Besuchern oder Operneinsteigern genutzt, sondern meist von älteren Besuchern, die technisch aufgeschlossen sind und einmal ein anderes Erlebnis beim Opernbesuch haben wollen.

"Fun" während der Vorstellung

Um die App zu nutzen, sucht man sich beim Kartenkauf einen der Sitzplätze, die speziell für deren Nutzer reserviert sind, lädt sich die App herunter und wählt dann zwischen zwei Versionen: "Basic"  - dort werden ausschließlich die wichtigsten Infos geliefert und "Fun" - ein umfassenderes Profil mit mehr Inhalt, Spielen etc. Das Ganze läuft bei abgedunkeltem Bildschirm, so dass sich laut Schneider auch noch nie andere Besucher gestört gefühlt bzw. beschwert hätten.

Bei der Zauberflöte wird in dieser Saison "Share your opera" eingesetzt

Ursprungsidee war eigentlich eine andere

Die App hilft somit, die Vorstellung ohne Übertitel zu genießen. Damit hat z.B. auch ein internationales Publikum die Möglichkeit, der Handlung zu folgen, auch wenn die Übertitel nicht in der Muttersprache erscheinen. Doch eigentlich war die Ursprungsidee eine andere, erläutert Schneider: "Ursprünglich war unser Impuls, dass wir Zuschauer dazu bewegen wollten, zu posten: 'ich bin der Oper und es ist super', weil wir davon ausgehen, dass es es viel wirksamer ist, wenn Menschen das in ihrer Peer Group selber posten. In der Entwicklung ist die App dann eher zu einem Infoprogramm geworden, das den Opernbesuch erweitert.

Zwei Fliegen mit einer Klappe

Trotzdem wurde der Ursprungszweck nicht vergessen, so Schneider: "Die App fordert zur Kommunikation in den Sozialen Medien auf, indem konkrete Anreize zum Posten geschaffen und spezielle Inhalte bereitgestellt werden, so laden wir z.B. die Teilnehmer am Ende der Vorstellung zu einem Selfie mit den Darstellern ein". Also zwei Fliegen mit einer Klappe: der Besucher wird informiert und macht bestenfalls auch noch PR für die Oper.

Und wie kommt die App nun an? "Wir erhalten extrem unterschiedliches Feedback zur App", erklärt Schneider ganz offen, "von Begeisterung bis hin zu der Rückmeldung, dass das Programm als überflüssig empfunden wird. Wahrscheinlich hängt das auch davon ab, ob die Teilnehmer erfahrene Opernbesucher sind oder nicht."

In dieser Spielzeit wird die App für "Die Zauberflöte" angeboten. Mehr Infos auf der Homepage der Wuppertaler Bühnen.

App "Wolfgang" bei den Münchner Symphonikern

Seit ca. zwei Jahren wird auch bei den Münchner Symphonikern aufs Smartphone gesetzt: die App "Wolfgang" begleitet die Besucher auf Wunsch bei jedem Abokonzert und liefert Hintergrundinfos rund um das Programm. Die App wird auch in den Niederlanden und Belgien eingesetzt und bisher ingesamt schon 50.000 Mal heruntergeladen. In München nutzen rund 20% der Gäste die App - quer durch die Bank, von Jüngeren und Älteren, erfahrenen Konzertbesuchern und Klassikneulingen, so Tilman Dost, Intendant der Münchner Symphoniker.

Im Wesentlichen geht es bei der Wolfgang App darum, das Publikum mit einzubeziehen und es Schritt für Schritt durch die Musik zu führen. So wird beim klassischen Konzert eine tiefere und größere Erfahrung möglich. Das Publikum soll wirklich verstehen, worum es in der Musik geht

Tieferes Musikverständnis durch "Wolfgang"

Und tatsächlich erfüllt die App ihren Zweck. Eva Henger, regelmäßige Appnutzerin ist begeistert und erklärt den Unterschied zwischen einem Konzerterlebnis mit und ohne App so: "Ich habe sonst den reinen Musikgenuss, wenn ich nicht wirkliche Vorkenntnisse zum Stück habe. Ich bin dann einfach mit dem Ohr bei der Musik dabei. Wenn ich die App zusätzlich habe, erfahre ich noch etwas über die Musik, z.B. warum die Instrumente genau in diesem Moment das machen, was sich der Komponist, die Komponistin dabei gedacht haben, ich kann hineinfühlen in die Zeit, in der das Stück entstanden ist und das gibt mir nochmal eine gewisse Tiefe."

Fast unbemerkt im Nachtmodus

Da die App bei abgedunkeltem Bildschirm, sozusagen im Nachtmodus, läuft, gab es bisher auch keine Beschwerden von anderen Konzertbesuchern, wissen sowohl der Intendant als auch die App-Nutzerin.  Und auch die Ablenkung sei minimal, so Eva Henger: "Natürlich, wenn ich ein Gerät dabei habe, bin ich vielleicht nicht mehr zu 100 Prozent im Konzertsaal und nur bei der Musik. Doch das kann immer auch mit anderen Dingen passieren, dass z.B. die Gedanken abschweifen."

Bereicherung statt Ablenkung

Für sie ist die App definitiv eine Bereicherung: "Ich finde es sehr spannend persönlich, etwas zu erfahren über Hintergründe und etwas über Musik zu wissen: also warum die Dinge sind wie sie sind, was damals los war in der Zeit, warum die Instrument so eingesetzt wurden, deshalb gibt mir die App als Konzertbesucherin einen guten Mehrwert."

03.01.2022

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