Publikum spendete vielerorts Eintrittsgelder

Zahlreiche Häuser ziehen positive BilanzPublikum spendete vielerorts Eintrittsgelder

Die Zeiten sind nicht leicht, Axel Brüggemann hat nach den guten Nachrichten gesucht - und ist fündig geworden.

Publikum spendete vielerorts EintrittsgelderFoto: Thies Raetzke

Klassikexperte und Moderator Axel Brüggemann hat diese Woche nach optimistischen Nachrichten gesucht und einen Brief geschrieben – an die großen deutschen Konzerthäuser. Seine Frage: „Wie viele Zuschauer*innen haben eigentlich auf die Rückerstattung von Tickets verzichtet und damit Häuser und Künstler*innen unterstützt?“

Die Antworten haben gezeigt: das Publikum in Deutschland liebt seine Konzertsäle und seine Künstler*innen und ist sehr wohl bereit, großzügig zu helfen. Das Publikum von nur vier Häusern organisierte mehr als zwei Millionen Spenden-Euro! Eine Summe, die zeigt, wie engagiert das Publikum ist, und dass die Politik die gesellschaftliche Bedeutung kultureller Institutionen nicht unterschätzen sollte.

Köln mit großem logistischen Aufwand

Die Kölner Philharmonie erklärte, wie schwer der Umgang mit Tickets, Rückerstattungen und Schenkungen sei, da viele Aufführungen offiziell nur „verschoben“ würden und die Karten somit Gültigkeit behalten. Ein täglicher, administrativer Jonglageakt.

Dennoch hat die Kölner Philharmonie derzeit einen Gegenwert von 180.000 Euro an nicht erstatteten Eintrittsgeldern. Das Geld wird als Basis für die Zahlung von Ausfallhonoraren genutzt, die seit 12 Monaten an freie, nicht subventionierte Künstler*innen und Ensembles geleistet werden. Die wenigsten der Spender verlangten eine Spendenquittung.

Außenansicht der Kölner Philharmonie
Foto: koelnmusik Joern Neumann

Große Summe an der Elbphilharmonie

Auch an der Elbphilharmonie hat das Publikum massiv geholfen: 6.750 Kartenkäufer*innen haben auf die Rückerstattung ihrer Tickets verzichtet. So kamen 450.000 Euro zusammen. Zusätzlich erhielt der Elbphilharmonie Hilfsfonds  440.000 Euro an Spenden und Zuwendungen. Die 890.000 Euro des Elbphilharmonie Hilfsfonds kam ausschließlich freiberuflichen Musikerinnen und Musikern sowie Bühnenkünstlern zugute und unter ihnen nur solchen, die vereinbarte Engagements in Elbphilharmonie und/oder Laeiszhalle nicht wahrnehmen konnten, weil die Häuser wegen Corona schließen mussten und die betreffenden Konzerte abgesagt wurden.

Anfang 2021 macht die Elbphiharmonie mit diesem Video auf sich aufmerksam

Aufgrund Ihrer Consent Einstellungen können Sie dieses YouTube Video nicht sehen.
Einstellungen Ändern

Wahl in Düsseldorf wurde genutzt

Die Tonhalle Düsseldorf meldet, dass bisher 1.309 Kundinnen und Kunden auf die Rückerstattung von Karten verzichtet haben. Ins Gesamt sind 250.000 Euro aus Spenden eingegangen. Die Tonhalle stellte ihren Konzertgästen frei, sich die Ticketkosten erstatten oder den Betrag in die Musik fließen zu lassen. Im letzteren Fall hatten sie die Wahl zwischen einer Spende für künstlerische Projekte der Tonhalle Düsseldorf oder einer Unterstützung der freischaffenden Künstlerinnen und Künstler, die an den ausgefallenen Konzerten beteiligt gewesen wären und keine Gagen erhalten haben.

Rund 180.000 Euro wurden der Tonhalle gespendet (sie war dadurch in der Lage, zwischen April und Juni vier Konzerte zu finanzieren), 70.000 Euro fielen den freischaffenden Musikerinnen und Musikern zu. Die Tonhalle zahlte den Künstlerinnen und Künstlern das Geld in der Sommerpause aus.

Umsatz-Verluste in Baden-Baden gedämpft

Etwas anders, aber nicht minder effektvoll, operierte das Festspielhaus Baden-Baden. Hier verzichteten rund 1.400 Besucher*innen auf eine Rückerstattung, mehrere tausend Besucherinnen und Besucher haben ihre Eintrittskarten in Gutscheine umgewandelt. Insgesamt kam man auf rund 600.000 Euro Ticket-Spenden, mit denen das Haus die enormen Umsatz-Verluste (über 80 Prozent allein 2020) dämpfte und die laufende Kosten bezahlte. Alle Spenden tragen hier direkt zur Rettung des Festspielhauses und der Festspiele bei.

Der Freundeskreis Festspielhaus Baden-Baden e.V. verzeichnete einen Zuwachs auf nun fast 1.600 Mitglieder, und einige Spender von Eintrittskarten wurden neue Mitglieder im Freundeskreis.  Privatspenden (insgesamt rund 6 Mio. Euro, davon eben 10 Prozent Ticket-Spenden) und eine Landes-Not-Hilfe von vier Mio. Euro retteten Festspielhaus und die Festspiele 2020. Für 2021 kann das Haus noch nicht absehen, wie es weitergeht, da die Umsatzverluste anhalten.

Erhalten Sie Informationen aus erster HandBestellen Sie den Klassik Radio Newsletter

* Mit Ihrer Registrierung nehmen Sie die Datenschutzerklärung zur Kenntnis

Neueste Artikel

Hits, Herzklopfen und Weihnachtszauber: Bachs Oratorium begeistert seit 300 Jahren
Johann Sebastian Bach, Gemälde von Gebel

Hits, Herzklopfen und Weihnachtszauber: Bachs Oratorium begeistert seit 300 Jahren

Weihnachten ohne Musik von Bach? Kaum vorstellbar. Doch das Weihnachtsoratorium ist viel mehr als alte Kirchenmusik: ein clever komponiertes Meisterwerk, voller großer Gefühle, überraschender Momente – und ein echter Hit seiner Zeit. Erfahrt in diesem Artikel, wie Bach Geschichten erzählte, Melodien recycelte und ein Werk schuf, das bis heute verzaubert.

Neue Serie "MOZART/MOZART" zeigt die unbekannte Seite der Wunderkind-Geschichte
Frau im roten Kleid sitzt auf einem goldenen Flügel in prunkvollem Saal, Schriftzug "Mozart" im Hintergrund

Neue Serie "MOZART/MOZART" zeigt die unbekannte Seite der Wunderkind-Geschichte

Die neue ARD-Serie "MOZART/MOZART" erzählt die bekannte Geschichte der Mozarts noch einmal. Nur anders: Denn dieses Mal steht nicht Wolfgang Amadeus im Mittelpunkt, sondern die Frau, deren Talent sich hinter seinem Namen verstecken musste: Maria Anna Mozart, besser bekannt als Wolfgang Amadeus Schwester „Nannerl“.

Von Liebe, Wut und Eifersucht: Wie Hector Berlioz (fast) zum Doppelmörder wurde
Steinschlosspistole

Von Liebe, Wut und Eifersucht: Wie Hector Berlioz (fast) zum Doppelmörder wurde

Es klingt wie der Auftakt eines Kriminalromans: Ein junger Komponist, erfüllt von Liebesqual und Eifersucht, reist mit zwei Pistolen im Gepäck quer durch Europa nach Paris – entschlossen, ein Drama zu erzwingen. Doch was Hector Berlioz 1831 in jener Nacht erleben sollte, entschied nicht nur über sein Leben, sondern auch über seine musikalische Karriere.

Klassik Radio - Deutschland nationalKlassik Radio - Deutschland national