Jede Woche wählt ein Mitglied aus der Redaktion eine persönliche Wahre Geschichte der Woche aus und verleiht ihr eine besondere Note.
Diese Woche kommentiert Thomas Ohrner:
1929 Es ist das Jahr der bodenlosen Börsencrashs und der Pleiten. Weltweit werden über Nacht immense Werte vernichtet.
Auch die seit Jahren gehorteten Kaffeevorräte werden so wertlos.
Einen dauerhaften Schutz vor Kaffeekrisen und Preiszerfall könnte nur ein industrielles Verfahren zur Herstellung von wasserlöslichem Kaffeepulver bieten.
Nestlé, weltweit tätig und sehr erfahren bei der Haltbarmachung von Lebensmitteln, erscheint den Kaffee-Moguln als Retterin in der Not. Doch frühere Versuche sind fehlgeschlagen.
Dennoch, die Aussicht auf große Umsätze lockt. 1932 beauftragt die Konzernleitung Max Morgenthaler eine Methode zu entwickeln, mit der auch Aroma und Geschmack in einem löslichen Kaffee-Extrakt konserviert werden kann. Morgenthalers Kaffeeforschung verschlingt viel Zeit und gehörige Mittel; ein Erfolg ist nicht in Sicht.
Im August 1935 erklärt die Direktion das Experiment für beendet. Doch der passionierte Chemiker kann nicht aufgeben. Er kauft sich einen Vorrat an Kaffeebohnen und forscht zu Hause weiter.
Nach zwei Jahren «Heimarbeit», im April 1937 ist er sich seiner Sache sicher. Morgenthaler lädt die Konzernleitung zu einer Degustation ein. Die Reaktion ist enthusiastisch: «Mutter Nestlé hat ein herrliches Baby geboren!» Für das Unternehmen ist Morgenthalers Hartnäckigkeit ein «Geschenk des Himmels». Und für Max Morgenthaler muss es ein besonders schönes Erlebnis gewesen sein, seinen wasserlöslichen Kaffeeextrakt als Inbegriff einer wieder auferstehenden Welt zu erleben.
Und wir stellen fest, wie produktiv und innovativ schon damals das Homeoffice gewesen ist.
Herzliche Grüße
Ihr Thomas Ohrner
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