Weihnachten ohne Musik von Bach? Kaum vorstellbar. Doch das Weihnachtsoratorium ist viel mehr als alte Kirchenmusik: ein clever komponiertes Meisterwerk, voller großer Gefühle, überraschender Momente – und ein echter Hit seiner Zeit. Erfahrt in diesem Artikel, wie Bach Geschichten erzählte, Melodien recycelte und ein Werk schuf, das bis heute verzaubert.

Weihnachten – Kerzen, festliche Stimmung, vertraute Melodien. Kaum jemand verbindet Weihnachten so stark mit Musik wie Johann Sebastian Bach. Sein Weihnachtsoratorium (BWV 248) ist heute ein Klassiker, der Millionen von Menschen berührt. Was viele jedoch nicht wissen: Bach war dabei ein cleverer Pragmatiker – fast so etwas wie ein Popstar des Barock.
Das Oratorium entstand zwischen 1734 und 1735 in Leipzig, als Bach als Thomaskantor und Musikdirektor der Stadt beschäftigt war. Auftraggeber war die Stadt Leipzig selbst, die für die Weihnachtszeit große Gottesdienste plante. Doch statt ein komplett neues Werk zu komponieren, griff Bach auf bestehendes Material zurück: Teile des Oratoriums stammen aus früheren Kantaten, die er bereits für andere Festtage oder Auftritte geschrieben hatte. Die Musik wurde geschickt umarrangiert, Texte angepasst, neue Chöre und Instrumente hinzugefügt – ein perfektes Beispiel für kreatives Recycling.

Das Oratorium ist auf sechs Festtage verteilt, jeweils mit eigenen Kantaten: von Heiligabend über die ersten Weihnachtstage bis zum Neujahrstag. Die Musik springt zwischen überschäumender Freude, zarter Innigkeit und feierlicher Ruhe – genau wie moderne Hits, die Emotionen gezielt steuern. Bach wusste, wie man direkt ans Herz geht, ohne dass man Notenkenntnisse braucht.
Für alle Klassik Radio-Hörer wird es jetzt ganz besonders weihnachtlich: Am Donnerstag, den 25. Dezember, ab 15:00 Uhr spielen wir passend zu den Festtagen, das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach in voller Länge.
Faszinierend ist auch die Dauer: Das Werk besteht aus über 70 Einzelstücken, die Bach in weniger als einem Jahr zusammenführte. Das zeigt nicht nur seine enorme Produktivität, sondern auch, wie geschickt er bereits bekannte Musikstücke zu einer neuen, mitreißenden Geschichte verband. Chor, Orchester, Trompeten und Pauken wirken wie ein Mix der Emotionen, der noch heute begeistert – 300 Jahre später.
Und genau darin liegt die Modernität: Bach war kein musealer Komponist. Er wusste, wie man ein Publikum packt, wie man Geschichten erzählt und Gefühle weckt. Seine Musik war, anders gesagt, lebendig, clever und überraschend poppig. Wer sich heute vom Weihnachtsoratorium mitreißen lässt, erlebt nicht nur die Geburt Christi, sondern auch ein Meisterwerk an kreativer Wiederverwertung – quasi ein Barock-Remix, der bis heute funktioniert.
Vielleicht ertappt man sich beim nächsten Fest selbst dabei, wie man leise „Jauchzet, frohlocket“ summt – und merkt: Bach war schon damals ein genialer Hitlieferant, dessen Musik bis heute berührt.
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