Am 16. Dezember 1965, hoch über der Erde, erlaubten sich zwei NASA-Astronauten einen kleinen Scherz – und schrieben ganz nebenbei Musikgeschichte. Mit Glöckchen, Mundharmonika und einer gehörigen Portion Humor schenkten sie der Welt ein Weihnachtslied aus dem Orbit. Eine kleine Geschichte über den vielleicht ungewöhnlichsten Weihnachtsgruß überhaupt.

Am 16. Dezember 1965 herrschte in der NASA-Missionskontrolle gespannte Aufmerksamkeit. Die Gemini-6-A-Mission war auf der Zielgeraden, kurz vor dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. Plötzlich meldete sich Kommandant Tom Stafford mit einer Beobachtung, die man nicht jeden Tag hört. Ein Objekt, sagte er, bewege sich von Norden nach Süden, sehr niedrig, offenbar im Begriff, wieder einzutreten. Er sehe ein Kommandomodul und mehrere kleinere Objekte davor. Und der Pilot trage einen roten Anzug.
Für einen Moment war nicht klar, ob das ein ernst gemeinter Bericht war oder etwas anderes. Dann kam die Auflösung. Statt weiterer Daten erklangen Glöckchen. Kurz darauf setzte eine Mundharmonika ein. „Jingle Bells“. Gespielt im Orbit, live übertragen zur Erde (im Video ab Sekunde 50).
Stafford und sein Kollege Wally Schirra hatten allen Grund, erleichtert zu sein. Nur einen Tag zuvor war ihnen mit Gemini 6-A das erste Rendezvous zweier bemannter Raumfahrzeuge gelungen. Fünf Stunden lang umkreisten sich Gemini 6 und Gemini 7 in perfekter Abstimmung. Ein entscheidender Schritt auf dem Weg zum Mond.
Die Tage vor dem Start waren alles andere als entspannt gewesen. Beim ersten Startversuch hatte ein Triebwerksproblem die Mission in letzter Sekunde abgebrochen. Die beiden Astronauten saßen bereits auf der Rakete, bereit zum Abheben. Dass sie unverletzt blieben, war keineswegs selbstverständlich.
Vielleicht war es genau diese Mischung aus Anspannung, Erleichterung und Kameradschaft, die Raum für einen kleinen Streich ließ. Die Idee stammte von Schirra. Heimlich hatten sie eine Mundharmonika und ein kleines Schellenband mitgenommen, gesichert mit Klettband. Geprobt wurde vor dem Start, erzählt wurde niemandem etwas. Gesungen haben sie bewusst nicht. Die Instrumente sollten reichen.
Die Reaktion in Houston war eindeutig. „You’re too much“ - "Ihr macht mich fertig", funkte der CapCom zurück.

„Jingle Bells“ hatte zu diesem Zeitpunkt bereits eine lange Geschichte. Ursprünglich hieß das Stück „One-Horse Open Sleigh“ und beschrieb kein Weihnachtsfest, sondern ein ausgelassenes Schlittenrennen. Geschrieben wurde es Mitte des 19. Jahrhunderts von James Lord Pierpont. Ob in Medford, Massachusetts, oder in Savannah, Georgia, darüber streiten sich beide Städte bis heute.
Sicher ist: Erst durch Aufführungen rund um Thanksgiving und Weihnachten bekam das Lied seinen festen Platz im Advent. Der neue Titel, inspiriert vom Klingeln der Pferdeglöckchen, machte es endgültig populär. Dass dieses Stück eines Tages im Weltraum gespielt würde, konnte Pierpont nicht ahnen.
Die Mundharmonika und die Glöckchen von Gemini 6-A liegen heute im National Air and Space Museum. Sie erinnern an einen Augenblick, in dem Präzision, Technik und Humor zusammenkamen. Kein großes Statement, kein offizielles Programm. Nur zwei Menschen, die sich einen Moment Leichtigkeit erlaubten.
Vielleicht ist genau das der Grund, warum diese Geschichte bis heute erzählt wird. Weil sie zeigt, dass selbst in der strengsten Umgebung Platz ist für Musik. Und weil ein einfaches Weihnachtslied, gespielt am 16. Dezember 1965 hoch über der Erde, bis heute ein Lächeln auslöst.
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