„Ich freue mich wie Bolle!“ – Ralf Wengenmayr über Filmmusik, nächtliche Kreativität und Klassik Radio Live in Concert

Komponist des „Kanu des Manitu“-Soundtracks„Ich freue mich wie Bolle!“ – Ralf Wengenmayr über Filmmusik, nächtliche Kreativität und Klassik Radio Live in Concert

Er komponiert seit Jahrzehnten Musik, die Generationen von Filmfans begeistert – von „Der Schuh des Manitu“ bis „Jim Knopf der Lokomotivführer“. Im Interview mit Klassik Radio-Moderatorin Alexandra Berger spricht er über die Zusammenarbeit mit Michael „Bully“ Herbig, seine Lieblings-Soundtracks und wie es sich anfühlt, die eigenen Stücke im Kino zu hören.

Ralf WengenmayrFoto: Ralf Wengenmayr

Ralf Wengenmayr ist einer – wenn nicht der Komponist, der das deutsche Kino der letzten Jahrzehnte geprägt hat. Mit seinen Soundtracks zu „Der Schuh des Manitu“, „(T)Raumschiff Surprise – Periode 1“ oder „Wickie und die starken Männer“ hat er Generationen von Filmfans begeistert.

Der gebürtige Augsburger, Jahrgang 1965, entdeckt mit 14 Jahren die Musik für sich. Nach dem Abitur studiert er Klavier und Komposition an der Universität Augsburg. Zehn Jahre lang verdient er sein Geld als Solo- und Barpianist auf Bühnen in ganz Deutschland, bevor er sich schließlich seiner wahren Leidenschaft widmet: dem Komponieren für Film und Fernsehen. Schon kurz darauf gewinnt er den German Film Music Contest – der Auftakt einer Karriere, die das deutsche Kino nachhaltig beeinflusst. 2011 folgt der Ritterschlag: In Rom begegnet er einem seiner großen Vorbilder, Ennio Morricone, der ihm den Preis für die beste Filmmusik überreicht. Seiner Heimatstadt ist Wengenmayr dabei aber immer treu geblieben.

Es ist einer dieser klaren Herbsttage, an denen das Licht durch die großen Fenster des Klassik Radio-Studios am Augsburger Stadtmarkt fällt. Der Duft von frischem Kaffee liegt in der Luft, während im Hintergrund leise klassische Musik zu hören ist. Moderatorin Alexandra Berger begrüßt den freundlich lächelnden Komponisten – ein Moment des Innehaltens, bevor das Gespräch beginnt. Es geht um Musik, um Filme, um die feinen Zwischentöne, die Geschichten auf der Leinwand lebendig werden lassen: klar, voller Gefühl und ganz ohne Allüren.


Alexandra Berger: Herr Wengenmayr, wenn Sie auf die vielen Filme des Bullyversums blicken, gibt es da diesen einen Soundtrack, der Ihnen ganz besonders am Herzen liegt?

Ralf Wengenmayr: Ich kann das gar nicht wirklich beantworten, weil jedes Stück und jeder „Cue“ (Hinweis für musikalischen Einsatz, Anm. d. Red.), wie man bei der Filmmusik sagt, für mich eine Herausforderung ist – und deswegen bin ich auf alles stolz, was ich gemacht habe. Aber der Prozess bis dahin ist quälend. Das heißt, ich habe eigentlich immer den Kompositionsprozess im Hinterkopf und kann deswegen gar nicht behaupten, dass eins ganz, ganz toll gelungen ist, weil es immer ein schwieriger Weg bis dahin ist.


AB: „Der Schuh des Manitu“ feierte 2001 Premiere – wie war es jetzt, die Musik für „Das Kanu des Manitu“ neu zu schreiben?

RW: Das war tatsächlich eine Herausforderung, weil ich der Musik – die ja schon 24 Jahre alt ist – ein Update verpassen wollte. Und es ist gar nicht so einfach, den „Nostalgiemodus“ für das Publikum beizubehalten. Ich kann jetzt nicht mit moderner Instrumentierung daherkommen, sondern bleibe beim alteingesessenen Orchesterklang. Es hat mir viel Spaß gemacht, die Musik neu aufzunehmen.

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AB: Wann sind Sie am kreativsten – eher am Tag oder in der Nacht?

RW: Schwieriges Thema, ich würde so gerne einen normalen Tagesablauf haben, würde so gerne in der Früh aufstehen und abends zu einer vernünftigen Zeit ins Bett gehen. Aber leider verschiebt sich meine Kreativität immer in die Nacht. Und das ist mit zunehmendem Alter keine gute Sache – das muss ich wirklich sagen.

Aber ich kann mich nachts tatsächlich besser konzentrieren. Untertags klingelt das Telefon, oder man hat noch Dinge im Hinterkopf, die man erledigen könnte – da kann ich jetzt noch schnell zum Einkaufen gehen oder diese Mail beantworten. Aber ich muss schon sagen, dass ich nicht sehr glücklich darüber bin.


AB: Diese nächtliche Ruhe scheint aber auch eine besondere Energie zu haben – es ist dunkel, alles schläft…

RW: Das klingt gut. Genauso würde ich das unterschreiben.


Großes Orchester spielt Filmmusik auf Bühne mit Lichteffekten, Dirigent steht vor den MusikernFoto: Klassik Radio

AB: Welcher Soundtrack unter Ihren Arbeiten für Michael „Bully“ Herbig ist Ihr persönlicher Favorit?

RW: Ich liebe den „Ballon“-Soundtrack – eine Zusammenarbeit mit meinem Kollegen Marvin Miller. Und ich glaube, das war eine ganz tolle Kombination. Den Soundtrack mag ich sehr, weil er so eine großartige Stimmung vermittelt. Ich mag aber auch „Hotel Lux“. Ein Film, der vielleicht im Kino nicht so erfolgreich war. Aber das war ein Soundtrack, bei dem ich sehr viel Freiheiten hatte.

Und prompt werde ich dafür auch noch von Ennio Morricone auf dem Internationalen Filmfest in Rom ausgezeichnet. Das war doch ein bewegender Moment, muss ich wirklich sagen. Morricone ist ein sehr großes Vorbild und seine Musik begleitet mich jeden Tag im Auto.


AB: Ihre Zusammenarbeit mit Michael „Bully“ Herbig ist ja inzwischen legendär – es erinnert mich fast ein wenig an die Beziehung zwischen Steven Spielberg und John Williams.

RW: Ich kann mich wirklich glücklich schätzen, dass es in dieser Filmlandschaft noch so einen treuen Regisseur gibt, der so unterschiedliche Genres bedient. Ich habe das große Glück, Musik für Science-Fiction zu schreiben, für einen Western, für einen Zeichentrickfilm – also da bin ich ihm wirklich sehr dankbar. Somit könnte man unsere Zusammenarbeit tatsächlich mit der eines John Williams und Steven Spielberg vergleichen. Nur die Filmbudgets sind andere.

Aber ich finde, gerade deswegen muss man echt den Hut ziehen vor Bully und was er mit diesem Budget auf die Beine stellt. Und das gleiche gilt auch für die Komponisten. Denn wenn ich mir überlege, was wir an Gagen bekommen und das vergleiche mit der Gage eines John Williams – der für Star Wars wahrscheinlich vier Wochen die Londoner Symphoniker bucht – kann ich sagen, da müssen wir uns nicht verstecken.

Filmkomponist Ralf Wengenmayr und Klassik Radio-Moderatorin Alexandra Berger
Foto: Klassik Radio AG
Ralf Wengenmayr und Klassik Radio-Moderatorin Alexandra Berger

AB: Wenn das Werk schließlich fertig ist – wie oft hören Sie es sich noch an?

RW: Sehr, sehr oft. Und irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem man auch loslassen muss, was einem Perfektionisten wie mir äußerst schwerfällt. Aber dann kommt die Entspannung, sobald man im Kino sitzt oder bei der Premiere, weil man weiß, du kannst jetzt nichts mehr machen. Es ist, wie es ist. Und das fühlt sich dann meistens gut an – außer die Soundanlage des Kinos spielt nicht mit.


AB: Wir sind stolz und freuen uns, dass die Musik aus „Das Kanu des Manitu“ dieses Jahr auch bei „Klassik Radio Live in Concert“ zu hören sein wird. Und dafür haben Sie extra nochmal „Hand angelegt“ und eine Live-Version für die Konzertreihe geschrieben.

RW: Ja, und deswegen ist da auch eine gewisse Aufregung, denn im Endeffekt vergleiche ich das ein bisschen mit den Orchesteraufnahmen für die Filmmusik. Normalerweise sollte jeder Komponist glücklich sein, wenn sein Werk von 65 Musikern zum ersten Mal live aufgeführt wird. Aber im Aufnahmesaal ist dann doch immer eine Anspannung: Wird das alles so funktionieren, wie ich mir das vorgestellt habe? Obwohl ich weiß, dass das Klassik Radio Pops Orchester fantastisch ist, werde ich auch da ein bisschen nervös sein, weil es ein Live-Moment ist – und da kann immer wieder etwas daneben gehen.

Ich bin aber sehr gespannt und freue mich wie Bolle!

Alexandra Berger, Holger Hermannsen / / 05.11.2025

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