Die Mailänder Scala ist weit mehr als ein Opernhaus – sie ist eine kulturelle Institution mit weltweitem Ruf. Seit ihrer Eröffnung im Jahr 1778 prägt sie das Musikleben Europas und gilt als Inbegriff der italienischen Opernkultur. Die Leitung dieses Hauses war bisher fast ausschließlich in italienischer Hand. Ab 2026 wird das anders: Myung-Whun Chung übernimmt das Amt des musikalischen Direktors – als erster Asiate in der langen Geschichte der Scala .
Chung ist kein Unbekannter in Italien. Bereits in den 1990er-Jahren wirkte er als Gastdirigent am Teatro Comunale in Florenz und arbeitete später mit großen Orchestern in Rom, Genua und anderen Städten. Seine Verbindung zur europäischen Musikszene ist langjährig und gewachsen – nicht das Ergebnis eines plötzlichen Trends, sondern das Resultat eines konsequenten künstlerischen Weges.
Geboren in Seoul, trat er bereits im Alter von sieben Jahren als Pianist mit dem Philharmonischen Orchester seiner Heimatstadt auf . Mit acht zog er mit seiner Familie in die USA, studierte Klavier und Dirigieren an der Mannes School of Music und später an der Juilliard School. Internationale Aufmerksamkeit erlangte er, als er beim Tschaikowsky-Wettbewerb in Moskau den zweiten Platz belegte .
Seine Laufbahn als Dirigent führte ihn durch die ganze Welt: San Francisco, Monte Carlo, Genf, Rom – Chung war an vielen der großen Opernhäuser und Konzerthäuser tätig. Er leitete das Asia Philharmonic Orchestra, war Musikdirektor beim Orchestre Philharmonique de Radio France und arbeitete eng mit der Staatskapelle Dresden zusammen. In Tokyo beriet er das dortige Symphonieorchester, in Paris prägte er das Konzertleben, in Korea wurde er zum kulturellen Aushängeschild.
2006 kehrte er nach Südkorea zurück und übernahm die Leitung des Seoul Philharmonic Orchestra. Dort trug er maßgeblich dazu bei, das Orchester international zu positionieren. Für seine Verdienste wurde er mit dem höchsten Kulturpreis des Landes ausgezeichnet, dem Kumkuan, und von der UNESCO 1995 zum „Mann des Jahres“ ernannt. Als erster offizieller Kulturbotschafter Südkoreas repräsentierte er das Land weit über die Musik hinaus.
Mit seinem Amtsantritt an der Scala im Jahr 2026 – der Vertrag läuft bis 2030 – tritt Chung in die Fußstapfen von Riccardo Chailly. Er übernimmt ein Haus mit großer Tradition und hohem Anspruch. Dass nun erstmals ein nicht-europäischer Künstler diese Position bekleidet, zeigt vor allem eines: Die Scala öffnet sich weiter für jene, die sie musikalisch bereichern können – unabhängig von Nationalität oder Herkunft.
Chung bringt dafür alles mit: jahrzehntelange Erfahrung, tiefes Repertoirewissen und ein künstlerisches Profil, dass durch seine Erfahrungen auf den Konzertbühnen der Welt gewachsen ist – und nun in Mailand ein neues Kapitel beginnt.