Was tun, wenn der Chefdirigent abspringt?

Wiener Symphoniker Was tun, wenn der Chefdirigent abspringt?

Die Wiener Symphoniker stehen zurzeit vor einer Herausforderung: Ihr Chefdirigent ist plötzlich zurückgetreten und muss nun ersetzt werden.

Was tun, wenn der Chefdirigent abspringt?Foto: Peter Rigaud

Vielleicht gekränkter Stolz

Wenn ein Kollege plötzlich ausfällt und ersetzt werden muss, macht das in den meisten Fällen alles komplizierter. Das müssen zurzeit auch die Wiener Symphoniker erleben: Ihr Chefdirigent ist plötzlich und drei Jahre vor Ablaufen seiner Vertragszeit von allen Ämtern zurückgetreten.„Andrés Orozco-Estrada, der Chefdirigent der Wiener Symphoniker hat 2020 seinen Vertrag begonnen. Seine Vertragslaufzeit geht bis zum Jahr 2025. Im Vertrag ist vereinbart, dass man jetzt darüber entscheidet, wie es nach dem Jahr 2025 aussieht. Dazu gab es eine Aussprache des Orchesters […] und man kam zu einem sehr deutlichen Ergebnis“, erklärt Jan Nast, der Intendant der Symphoniker im Gespräch mit Klassik Radio, „Einen Tag später sagte er das kommende Konzert ab und daraufhin kam dann ein Rücktritt von allen Ämtern und allen Dirigaten.“

Große Herausforderung

In der Klassikbranche ist es ganz normal, Produktionen und Konzerte drei bis vier Jahre im Voraus zu planen. Mit Orozco-Estrada waren bis Sommer 2023 noch rund 80 Abende geplant, bei denen er jetzt kurzfristig ersetzt werden muss: „Es ist eine riesige Herausforderung. Allerdings muss ich sagen, es ist immer ein spannender Prozess, wenn man Sachen neu macht.“ Im Mai waren die nächsten Konzerte mit dem ehemaligen Chefdirigenten angesetzt, darunter auch eine Korea-Reise. „Es ist nicht einfach. Wir haben erst einmal alle großen Agenturen und Dirigenten angefragt und sammeln die Ergebnisse. Wir sind aber sehr optimistisch nach den ersten Rückläufern, dass wir sehr gute Lösungen finden werden, um die Konzerte zu besetzten“, erzählt Jan Nast.

Aufgrund Ihrer Consent Einstellungen können Sie dieses YouTube Video nicht sehen.
Einstellungen Ändern

Keine schlechtere Qualität

Für die Konzerte sind bereits Tickets verkauft und das Publikum fragt sich nun, ob sie mit einem klanglichen und vor allem auch Qualitätsunterschied rechnen müssen. Der Intendant kann hier allerdings beruhigen: „Jeder Künstler hat ein eigenes Profil und einen eigenen Schwerpunkt. Ich denke, die Interpretationen werden sich unterscheiden, allerdings bin ich nicht ängstlich, dass es irgendwie schlechter wird. Das Orchester wird immer sehr motiviert sein und mit einem neuen Dirigenten oder Dirigentin wird es vielleicht Ergebnisse geben, die man nicht vorher vorhersehen konnte.“

Es muss harmonieren

Zurzeit werden hauptsächlich Ersatzdirigentinnen oder Ersatzdirigenten gesucht. Auf lange Sicht braucht es allerdings auch wieder einen Chefdirigenten. Hier möchten die Symphoniker allerdings nichts vom Zaun brechen und sich die Zeit geben, die sie für die Suche des passenden Dirigenten oder der passenden Dirigentin brauchen. In erster Linie geht es immerhin darum, dass die Musikerinnen und Musiker des Orchesters mit ihm oder ihr im Einklang stehen: „Ein Dirigent ist natürlich sehr wichtig, sonst hätten wir ja auch nicht so viele Dirigentinnen und Dirigenten. Es ist sehr wichtig, jemanden zu haben, der einen gesamten Überblick über das Werk hat und auch Einblick in die Tiefe gibt und das dem Orchester übermittelt.“

Erhalten Sie Informationen aus erster HandBestellen Sie den Klassik Radio Newsletter

* Mit Ihrer Registrierung nehmen Sie die Datenschutzerklärung zur Kenntnis

Neueste Artikel

Hits, Herzklopfen und Weihnachtszauber: Bachs Oratorium begeistert seit 300 Jahren
Johann Sebastian Bach, Gemälde von Gebel

Hits, Herzklopfen und Weihnachtszauber: Bachs Oratorium begeistert seit 300 Jahren

Weihnachten ohne Musik von Bach? Kaum vorstellbar. Doch das Weihnachtsoratorium ist viel mehr als alte Kirchenmusik: ein clever komponiertes Meisterwerk, voller großer Gefühle, überraschender Momente – und ein echter Hit seiner Zeit. Erfahrt in diesem Artikel, wie Bach Geschichten erzählte, Melodien recycelte und ein Werk schuf, das bis heute verzaubert.

Vom Biedermeier zur großen Bühnenkunst - Wie „Hänsel und Gretel“ zur Weihnachtsoper wurde
Hänsel und Gretel Comicversion

Vom Biedermeier zur großen Bühnenkunst - Wie „Hänsel und Gretel“ zur Weihnachtsoper wurde

Bevor Engelbert Humperdinck Hänsel und Gretel zur berühmtesten Märchenoper der Musikgeschichte machte, war der Stoff bereits auf deutschen Bühnen zu Hause. Doch erst seine Version verwandelte das Grimmsche Märchen in ein Werk von zeitloser Tiefe. Warum gerade diese Oper überlebte, was sich über die Jahrzehnte verändert hat und wie Humperdinck sich sein Werk selbst dachte – ein Blick hinter die Kulissen und zu hören am 4. Advent bei Klassik Radio.

Neue Serie "MOZART/MOZART" zeigt die unbekannte Seite der Wunderkind-Geschichte
Frau im roten Kleid sitzt auf einem goldenen Flügel in prunkvollem Saal, Schriftzug "Mozart" im Hintergrund

Neue Serie "MOZART/MOZART" zeigt die unbekannte Seite der Wunderkind-Geschichte

Die neue ARD-Serie "MOZART/MOZART" erzählt die bekannte Geschichte der Mozarts noch einmal. Nur anders: Denn dieses Mal steht nicht Wolfgang Amadeus im Mittelpunkt, sondern die Frau, deren Talent sich hinter seinem Namen verstecken musste: Maria Anna Mozart, besser bekannt als Wolfgang Amadeus Schwester „Nannerl“.

Klassik Radio - Deutschland nationalKlassik Radio - Deutschland national