Die Wahre Geschichte der Woche: Joan Miró

Ausgewählt von Larissa BothorDie Wahre Geschichte der Woche: Joan Miró

Jede Woche wählt ein Mitglied aus der Redaktion eine persönliche Wahre Geschichte der Woche aus und verleiht ihr eine besondere Note.

Die Wahre Geschichte der Woche: Joan Miró

Diese Woche kommentiert Larissa Bothor:

Erst kürzlich stolperte ich über das so genannte „Paris-Syndrom“. Enttäuschte Erwartungen von Touristinnen und Touristen an die Stadt der Liebe kann zu Symptomen wie Schwindel und Schweißausbrüchen bis hin zu Wahnvorstellungen und Halluzinationen führen. Warum der berühmte Maler Joan Miro vielleicht auch ein wenig an dem Paris-Syndrom zu knabbern hatte, darum geht es in dieser Wahren Geschichte.

Die Stadt der Liebe

Alleine diese Bezeichnung schürt romantische Vorstellungen und Phantasien, denen Paris gerecht werden soll. Angefeuert von Filmen mit wundervollen Bildern und französischen Chansons im Hintergrund. Ich denke da an „Midnight in Paris“ mit Owen Wilson, der sich eines Nachts im Paris der 1920er-Jahre wiederfindet. Er lernt Schriftsteller wie F. Scott Fitzgerald kennen, trifft auf Jean Cocteau und Josephine Baker. Auch die Künstler Salvadore Dalí oder Man Ray unterhalten sich mit ihm und von da an verbringt der Hauptdarsteller des Films jede Nacht in der Vergangenheit.  

Im 19. Jahrhundert war Frankreich und vor allem Paris schon sehr liberal und zog Künstler aus vielen Ländern an. Frankreich und alles Französische war „en vogue“ und blieb es bis ins 20. Jahrhundert hinein. Die vielen Gemälde und Zeichnungen der Stadt halten dieses Gefühl von damals lebendig.

Miró in Paris

Den spanisch-katalanischen Künstler Joan Miró verschlug es 1919 das erste Mal in die französische Hauptstadt. Wie für die meisten Künstler war es auch für ihn anfangs hart und niemand verstand seine Kunst oder wollte sie kaufen. Einmal erhielt er sogar den Ratschlag, sein Kunstwerk in Kleinere zu zerschneiden, da in den Wohnungen der Pariser kein Platz für seine Gemälde sei! Ein herber Rückschlag. Vielleicht hatte er sich auch mehr von der Stadt erhofft, als sie ihm am Ende bieten konnte?

Die Kunst von Joan Miró

Glück gehabt

Miro traf nach vielen Rückschlägen auf einen Schriftsteller, der seine Kunst verstand und unbedingt eines seiner Werke besitzen wollte. Der Mann lieh sich sogar extra Geld von seinen Freunden, um 1925 „Den Bauernhof“ von Joan Miro zu kaufen. Der Schriftsteller war Ernest Hemingway, der sich zu dieser Zeit in Paris aufhielt. (Übrigens trifft auch Owen Wilson auf ihn. Eine nette Szene in dem Film. Definitiv sehenswert!) Dieser Kauf war wohl der Wendepunkt und Miro zog Aufträge an Land. 1927 konnte er sich ein eigenes Atelier leisten mit Max Ernst und René Magritte in unmittelbarer Nachbarschaft. Es folgten spannende Jahre im Kreise vieler Surrealisten und erst 1940, als deutsche Truppen Frankreich besetzten, kehrte er nach Spanien zurück. 

Wie kam ich auf meine Zeichnungen und meine Ideen für die Malerei? Nun, ich kam nachts in mein Pariser Atelier in der Rue Blomet, ging ins Bett und hatte manchmal kein Abendessen mehr. Ich sah Dinge und notierte sie in einem Notizbuch. Ich sah Formen an der Decke...
Joan Miró

Eine Reise wert

Zugegeben, ich bin kein großer Fan von Miros Werken. Dennoch habe ich großen Respekt vor der Pionierarbeit, dem Durchhaltevermögen und der Willensstärke, die der Künstler gehabt haben muss. Das „Paris-Syndrom“ ist wohl damals wie heute ein echtes Phänomen, bei meinem Paris Besuch 2018 konnte blieb ich aber verschont. Es war eine wundervolle Zeit dort mit Museumsbesuchen und gemütlichen Spaziergängen durch die Straßen, die von Cafés gesäumt sind. Wir sahen die Notre Dame damals noch in alter Pracht, machten eine Stadtrundfahrt und fotografierten natürlich den Eifelturm. Für mich ist Paris eine spannende Stadt, die ich sicherlich nochmal besuchen werde. Aber zugegeben: Zu der Zeit war ich gerade frisch verliebt…

Herzliche Grüße

Larissa Bothor

(30.04.2022/L.Bothor)

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29.04.2022

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