„Corsage“ – Sisi rebellisch statt romantisch

Schmidts Streamingtipps KW 27„Corsage“ – Sisi rebellisch statt romantisch

Eine spanische Komödie mit Witz und Gefühl, eine erhellende Doku über Jan Ullrich und eine neue deutsche Netflix-Serie.

„Corsage“ – Sisi rebellisch statt romantischFoto: Ricardo Vaz Palma / Alamode Film

Beim Namen „Sissi“ denkt man natürlich gleich an die alten Romy Schneider-Filme; vielleicht noch an die im letzten Jahr angelaufene Serie. Nun kommt ein weiterer Film dazu, bei dem die österreichische Kaiserin Elisabeth im Mittelpunkt steht. Er heißt „Corsage“, hatte seine Weltpremiere in Cannes und ist wirklich meilenweit entfernt von Zuckerguss, Glorienschein und bombastischem Kostümkitschreigen des alten Sisi-Schmonzetten-Schinkens. Die auch hier wieder wunderbare Vicky Krieps spielt eine "Sisi" mit Magersucht und Depression.

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Mit 40 Jahren gilt sie im späten 19. Jahrhundert als alte Frau. Eine, die sich jeden Morgen in ein enges Korsett zwingen muss, ihre Taille messen lässt, sich mit einer strengen Orangendiät quält und mit der scheinbaren Bedeutungslosigkeit ihres Lebens an der Seite ihres Mannes Kaiser Franz Joseph hadert.

„Corsage“ von der Wiener Regisseurin Marie Kreutzer eröffnet einen völlig neuen Blickwinkel auf die Kaiserin. Krieps spielt Sisi als rebellische und radikale, unerschrockene, wissbegierige und lebenshungrige Frau und wurde dafür in Cannes für die beste darstellerische Leistung ausgezeichnet.

„Wirecard“-Satire-Serie bei Netflix

Angepriesen wird diese Serie als deutsche Antwort auf „The Wolf of Wall Street“ oder „Big Short“ – die deutsche Wirecard-Satire – die neue deutsche Netflix-Orginal-Serie „King Of Stonks“. Dahinter stecken die Macher eines großen Streaming-Hits, nämlich von „How to Sell Drugs Online (Fast)“. Und  Jan Bonny hat Regie geführt, der 2019 das eindrucksvolle Drama  „Wintermärchen“ 2019 über den NSU-Terror drehte.

Es geht um einen überehrgeizigen Tech-Unternehmer, dem all seine Lügen und Betrügereien ausgerechnet rund um den Börsengang seines Finanz-Dienstleistungs-Unternehmens um die Ohren fliegen. Genau - der Skandal rund um Wirecard bildet die Vorlage.

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Es geht in „King of Stonks“ um Machos, Millionengeschäfte und moralische Verwahrlosung - Matthias Brandt und Thomas Schubert spielen die Hauptrollen, wie man ab sofort bei Netflix sehen kann.

Aufstieg und Fall einer Radsport-Legende

Sehr empfehlenswert ist eine fünfteilige Doku-Serie über Radfahrer Jan Ullrich, die gerade in der ARD-Mediathek zu sehen ist. „Being Jan Ullrich“ zeigt nicht nur die sportlichen Höhe- und Tiefpunkte in der Karriere des gebürtigen Rostockers, sondern beleuchtet auch ein bisschen seine Herkunft und seine Charakterzüge.

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Im Gegensatz zu seinem großen Rivalen Lance Armstrong, der Ullrich übrigens in den höchsten Tönen lobt und ein enger Freund geworden ist, fehlt dem Deutschen die Disziplin, der eiserne Wille seines amerikanischen Konkurrenten. Auch wenn Ullrich selbst wegen anderweitiger vertraglicher Bindungen nicht selbst zu Wort kommt, ist „Being Jan Ullrich“ sehr interessant und erhellend.

Großartige Günter Gaus-Gespräche

Das lässt sich auch über die legendären Zur-Person-Gespräche von Günter Gaus sagen – das ZDF hat jetzt alle 32 Folgen online gestellt. Gaus war der erste sogenannte Ständige Vertreter der Bundesrepublik in der DDR, hat als Chefunterhändler vielen Menschen im Osten und im Westen geholfen, er war Spiegel-Chefredakteur und hat zwischen 1963 und 1966 Politiker, Künstler, Wissenschaftler interviewt, wie Willy Brandt, Franz-Josef Strauss, Helmut Schmidt, Gustaf Gründgens oder auch Hannah Arendt. 32 Günter Gaus-Gespräche, zu sehen in der ZDF-Mediathek.

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Der Mensch hinter der Leinwandfigur

Ein kurzer Sprung in die ARTE Mediathek – da gibt es eine feine, kleine Doku-Serie mit Namen: „Nach einer wahren Geschichte“. Zahlreiche Spielfilme beruhen ja eben auf so einer und hier erfahren wir nun mehr über die wahren „Helden des Alltags“. Die bisher zehn verfügbaren knapp halbstündigen Porträts zeigen die Menschen hinter den Leinwandfiguren, ihr Engagement, ihr Leid, ihren Mut und ihre großen Momente.

Vom Nazi-Jäger Fritz Bauer über den Kampf homosexueller Aktivisten aus London und walisischer Minenarbeiter gegen die Politik Margret Thatchers bis hin zur couragierten und ungewollt schwanger gewordenen Philomena Lee.

Publikumsrenner aus Spanien

In Spanien hat dieser Film große Erfolgswellen geschlagen, bisher knapp ein Dutzend Preise gewonnen und das Publikum schwer begeistert. Tatsächlich ist "Vier Wände für Zwei" eine lustige, aber auch gefühlvolle Komödie geworden - über die ungewöhnliche Freundschaft zweier Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber mehr gemeinsam haben, als sie zunächst vermuten, wie das ja häufig so ist bei dieser Art von Wohlfühl-Komödie.

Die junge und erfolgreiche Geschäftsfrau Sara entschließt sich zum Kauf einer Wohnung in Sevilla. Im Zentrum der andalusischen Hauptstadt entdeckt sie ein wahres Schmuckstück und noch dazu ein regelrechtes Schnäppchen. Der Haken an der Sache: Lola, eine kauzige alte Dame im Bademantel, lebt noch in dieser Wohnung. Sie will mit dem vorzeitigen Verkauf der eigenen vier Wände ihre Rentenkasse etwas aufpolieren. Ihre einzige Bedingung: bis zu ihrem Ableben darf sie in der Wohnung bleiben.

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Wie die Hippie-Oma und die Spießerin hier alle Höhen und Tiefen gemeinsam durchleben, ist temperamentvoll und mit viel Witz und Gefühl inszeniert.

(08.07.2022/ F. Schmidt)

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