Videospiele sind Kulturgut. Seit mehr als 50 Jahren begleiten sie Generationen von begeisterten Spielern – ob allein zu Hause, gemeinsam auf der Couch oder mit Tausenden Gleichgesinnten im World Wide Web. Doch was wären Videospiele ohne Musik? Wir stellen fünf Klassik-Titel vor, die eine ganz besondere Bedeutung im Herzen jedes Gamers haben.
Klassische Musik hat eine lange Tradition in der Videospielwelt. Bereits in den Anfangstagen, als Computer nur einzelne Töne von sich geben konnten – meist nicht mehr als ein langes und vor allem lautes Piepsen – versuchten findige Programmierer, durch verschiedene Tonhöhen einfache Melodien nachzubauen. Wichtig war in dieser Zeit vor allem, dass man trotz der technischen Limitierungen sofort erkennen sollte, um welches Stück es sich handelte – und was bot sich da Besseres an als die weltweit bekannten klassischen Stücke? Werke, die seit Jahrhunderten Teil der Popkultur waren, hielten nun auch Einzug in ein neues Medium: die Videospiele. Ob Edvard Griegs „Morgenstimmung“ im Adventure-Klassiker „Day of the Tentacle“, Johannes Brahms' „Ungarische Tänze“ im Anti-Kriegsspiel „Valiant Hearts“ oder Richard Wagners „Ritt der Walküren“ im Schleich-Simulator „Metal Gear Solid V – The Phantom Pain“ – Klassik ist fester Teil der Gaming-Kultur.
So minimalistisch und doch so berührend – den ersten Satz der "Mondscheinsonate" kennt wohl jeder. So wundert es nicht, dass Jill Valentine, die Protagonistin des legendären ersten „Resident Evil“, es am Klavier nachspielen kann, ja sogar muss, denn nur so öffnet sich die geheime Tür zur Gruft des Erbauers der unheimlichen Spencer-Villa, in der der japanische Konsolenhit spielt. Die ruhige, melancholische Komposition unterstreicht perfekt die unheimliche Stimmung und das Alleinsein, die den Reiz des Spiels ausmachen. Das haben auch From Software, die Entwickler der für ihren fordernden Schwierigkeitsgrad bekannten „Dark Souls“-Reihe, erkannt und den Titel (als Remix) für die Einführungssequenz ihres Frühwerks „Echo Night Beyond“ gewählt. Wenn Beethovens sanfte Klaviertöne durch die Gänge einer verlassenen Mondstation hallen, ist wohlige Gänsehaut garantiert.
Ein weiteres Mal der Mond als musikalisches Thema, ein weiteres Mal Grusel vom Feinsten. Shinji Mikami – der Erfinder der „Resident Evil“-Reihe – scheint von beidem nicht genug zu bekommen. Vor allem aber von klassischer Musik. In seinem 2017 erschienenen Horrorspiel „Evil Within“ nutzt er das wunderschön-mysteriöse „Clair de Lune“ so geschickt, dass es den Spielern nicht mehr aus dem Kopf geht: Während man sich das gesamte Spiel über hauptsächlich ängstlich versteckt und nur vorsichtig vorantastet, weist Debussys zarte, verträumte Melodie auf die wenigen sicheren Ruheorte hin, an denen niemand lauert, der einem nach dem Leben trachtet. Es ist bemerkenswert, wie sehr uns Debussys Stück schon nach kurzer Zeit konditioniert: Sobald wir die Klaviersuite hören, wissen wir, dass wir durchatmen können – und sei es nur für einen kurzen Moment.
Noch mehr Gänsehaut – wenn auch der angenehmeren Art – hatten sicher alle, die das Echtzeit-Strategiespiel „Homeworld“ gespielt haben. Gleich zu Beginn sorgen zwei Dinge für offene Münder vor den Bildschirmen: die schier unfassbare Größe der Spielwelt, nämlich das Weltall, und die musikalische Untermalung, die diese Faszination gekonnt unterstreicht. „Adagio for Strings“ – hier in der Chorversion – ist das Thema des Spiels, begleitet uns immer wieder auf unserem Weg durch die Galaxis und wurde in verschiedenen Variationen auch in den Nachfolgeteilen genutzt. Aber kein Moment wird in seiner Intensität je wieder an die Szene heranreichen, in der wir zum ersten Mal der unendlichen Dimension der Spielwelt gewahr werden – untermalt von den sphärischen Klängen Samuel Barbers.
Hätte er in der heutigen Zeit gelebt, Mozart wäre sehr wahrscheinlich ein begeisterter Videospieler gewesen. Absolut sicher ist jedoch, dass seine Musik bei Game Designern hoch im Kurs steht. Das wohl prominenteste Beispiel ist sein majestätisches „Requiem“. Dieses letzte große Werk konnte der Komponist zwar nie vollenden, doch wurden ihm in der Popkultur zahlreiche Denkmäler errichtet. Das wohl bekannteste ist das Videospiel „Bioshock Infinite“ – der dritte Teil einer bemerkenswerten Reihe. Bemerkenswert nicht nur, weil sich die Spiele tatsächlich trauen, philosophische Fragen zu stellen und moderne Wirtschafts- sowie Gesellschaftsformen zu dekonstruieren, sondern auch, weil sie mit ihrem Art-déco-Stil einen einzigartigen Wiedererkennungswert besitzen. So intelligent die Handlung, so bemerkenswert das Design, so pointiert ist auch die Musikuntermalung gewählt: „Lacrimosa“, der berühmte 3. Satz aus Mozarts „Requiem“, intensiviert einen der großen Schlüsselmomente des Spiels so gekonnt aufs Äußerste, dass niemand, der ihn erlebt hat, diesen je wieder vergessen wird. Als hätte Mozart das Stück speziell für dieses eine Spiel geschrieben.
Zurück zu den Anfängen der Videospiele und damit auch zu einem der beliebtesten und bekanntesten Games aller Zeiten: „Tetris“. Der russische Exportschlager begeistert bereits seit 40 Jahren (!) Jung und Alt. Und nicht nur das Spielprinzip ist in allen Bereichen der Popkultur fest verankert – auch der Soundtrack. Jeder der das Volkslied „Korobeiniki“ hört, denkt sofort an das Puzzlespiel. Doch „Tetris“ hatte ja nicht nur diese eine Melodie zu bieten. Gleich auf dem zweiten Platz behauptet sich das Menuett aus Bachs „Französischer Suite“. Die typische Präzision der Bach'schen Komposition passt perfekt zum Spielprinzip: Hier sind gutes Reaktionsvermögen und Genauigkeit der Schlüssel zum Highscore. Und die zeitlose Melodie sorgt dafür, dass man selbst nach stundenlangem Spielspaß nicht genug davon bekommen kann.
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